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HRK-Positionspapier (5)

Steigerung des Mittelaufkommens von dritter Seite


Die Steigerung der Mitteleinkommens von privater Seite läßt sich grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten erreichen, zum einen durch Steigerung der Drittmitteleinwerbung oder des Spendenaufkommens, zum anderen durch die konsequente Einführung von Nutzungsgebühren, sei es in Form von Studiengebühren oder durch die Vermarktung von wissenschaftlichen und anderen Dienstleistungen der Hochschule. Zwar hat die Einwerbung von Drittmittel für Forschungszwecke von privater Seite eine Tradition im deutschen Hochschulwesen, vor allem im Bereich der Natur- und Ingenieurwissenschaften, doch bleibt ihr Aufkommen letztlich begrenzt. Die Einnahmen aus privater Forschungsförderung oder privaten Forschungsaufträgen belaufen sich gegenwartig auf ca. eine halbe Milliarde DM. Eine wesentliche Ausweitung scheitert u.a. an den geltenden Stiftungs- und Steuerrechtsregelungen.

a) Stiftungen, Hochschulsponsoring

Im Ausland ist eine Neuordnung der Hochschulfinanzierung zum Teil in der Form vollzogen worden, daß einzelne Hochschulen vom Staat mit Stiftungsvermögen ausgestattet worden sind, aus dessen Erträgen fortan der Betrieb der Hochschule bestritten wird. Eine derartige Lösung führt vorübergehend zu einer stärkeren Inanspruchnahme des Staates, um ihn gleichzeitig langfristig zu entlasten. Dabei ist es denkbar, einen Teil des Stiftungsvermögens bzw. dessen Aufstockung aus privaten Quellen zu finanzieren.

An der Universität Passau laufen Bemühungen, eine Stiftungslösung in kleinerer Form zu bewerkstelligen. Sie spricht nach amerikanischem Vorbild private Sponsoren an, sich an der Finanzierung von Lehre und Forschung zu beteiligen. Aus den Erträgen des angesammelten Stiftungsvermögens sollen zusätzliche Stellen und Geräte sowie laufende Kosten finanziert werden. Der Erfolg dieses Ansatzes hängt wesentlich vom ökonomischen Umfeld der Hochschule ab. Zur Zusammenarbeit von Hochschulen und Wirtschaft hat die HRK in ihrer Empfehlung "Zur Forschung in den Hochschulen"[9] Hinweise zur Sicherung der Unabhängigkeit der Hochschulen gegeben, die bei solchen Finanzierungsverfahren beachtet werden sollten.

b) Einnahmen aus Dienstleistungen und Verkäufen

Eine denkbare Ergänzung zu der auch künftig unabdingbaren Grundfinanzierung des Trägerlandes sind Einkünfte aus Entgelten für Dienstleistungen. Neben dem Aspekt der Einkommensgenerierung hat die Finanzierung aus Dienstleistungen den ordnungspolitischen Vorteil, daß Hochschulen auf dem Dienstleistungsmarkt in einen Preis- und Qualitätswettbewerb eintreten und mit dem Dienstleistungsangebot in Lehre und Forschung zugleich wirtschafts- und gesellschaftspolitische Aufgaben z.B. im Bereich des Technologietransfers oder der wissenschaftlichen und allgemeinen Weiterbildung erfüllen. Möglicher Autonomiegewinn aus dem Verkauf von Dienstleistungen würde allerdings zu Lasten der Abhängigkeit von kurzfristiger Nachfrageschwankung gehen. Mit Forschung und Lehre zusammenhängende Dienstleistungen gehören nach Paragraphen 2 Abs. 3 und 9, 22 HRG und den Aufgabenkatalogen in den Ländergesetzen zu den sog. Annexaufgaben, die neben der Lehre und Forschung wahrgenommen werden. Grundsätzlich sollten die Hochschulen zum Schutz ihrer Primäraufgaben Dienstleistungen nur im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgabenstellung und nur dann ausführen, wenn dadurch die primären Aufgaben nicht beeinträchtigt werden (so explizit für die Drittmittelforschung Paragraph 25 Abs. 2 HRG).

Außerhalb der Krankenversorgung stellt heute die Auftragsforschung den wichtigsten Einnahmefaktor dar. Ihr Finanzierungsanteil ist vor allem in den Technischen Universitäten bis zu einem Anteil von 30 - 40 % der Gesamtfinanzierung gewachsen. Im allgemeinen werden durch Forschungsverträge nur die direkten Projektkosten, nicht aber die indirekten Projektkosten bzw. allgemeinen Infrastrukturkosten (overhead) gedeckt. Die Grundfinanzierung muß deshalb anderweitig gesichert sein. Dies rechtfertigt sich aus dem Ziel, mit Hilfe von Forschungsverträgen den Technologietransfer in die Wirtschaft zu fördern und die Hochschulen auf dem Markt für Forschung und Entwicklung zu etablieren. Mittelfristig wird der Verzicht auf overhead auch unter dem Gesichtspunkt des Subventionsverbots der EU zu überprüfen sein. Die Ausgaben der Unternehmen für Forschungsverträge stagnieren allerdings. Die Berechnung von overhead würde deshalb primär eine Verschiebung von Einnahmen bewirken, dagegen das Einnahmepotential insgesamt nicht erhöhen.

Eine Reduzierung der verfügbaren Budgets wäre aus der Besteuerung (Umsatz- und Körperschaftssteuer) der Auftragsforschung zu befürchten, von den zusätzlichen Verwaltungskosten zu schweigen. Insgesamt dürfte das Potential zusätzlicher Einnahmen aus der Auftragsforschung weitgehend ausgeschöpft sein. In einzelnen Bereichen übersteigt der Umfang der Auftragsforschung allerdings bereits die notwendige Balance zwischen Auftrags- und Grundlagenforschung, die die Wissensbasis für künftige Anwendung und Entwicklung zu sichern hat.

Im Gegensatz zur Auftragsforschung ist der Anteil der Hochschulen am Weiterbildungsmarkt, der mit 40 Mrd. pro Jahr geschätzt wird, gering. Systematische Weiterbildung als Beitrag lebenslangen Lernens und des Wissenstransfers wird durch restriktive besoldungs- und haushaltsrechtliche Vorschriften in den privaten Markt verdrängt, in dem Hochschullehrer in erheblichem Maße tätig sind. Haupthindernisse sind das Verbot persönlicher Vergütungen und die Beschränkung der Verwendung der Erlöse. Den Hochschulen gehen dabei wichtige Einnahmen verloren. Ohne Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen und den Aufbau einer schlagkräftigen Organisation für die Planung und Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen kann der Anteil der Hochschulen nicht erhöht werden. Die HRK hat dazu bereits Vorschläge vorgelegt.10

Eine bedeutsame Einnahmequelle bilden Untersuchungsaufträge, die außerhalb der Medizin, vor allem in Materialuntersuchungsinstituten und Analyselabors, durchgeführt werden. Der besondere Auftrag solcher Einrichtungen läßt sich innerhalb der bestehenden Organisationseinheiten nur schwer mit dem Primärauftrag in Einklang bringen und erfordert eine spezifische Personalstruktur. Die Tendenz geht deshalb dahin, diese Aufgaben auf Einrichtungen zu übertragen, die der Hochschule angegliedert sind. Auch bei dieser Konstruktion können aus Untersuchungen über Nutzungsverträge Finanzierungsbeiträge für die laufenden und investiven Kosten der Hochschule erbracht werden.

In den angelsächsischen Ländern werden Räume und Versorgungsbetriebe vor allem außerhalb der Vorlesungszeiten für Tagungen und Weiterbildungsveranstaltungen von Firmen oder für touristische Zwecke kommerziell genutzt. In der Bundesrepublik sind die Voraussetzungen dafür schon wegen der organisatorischen Ausgliederung der Studentenwerke ungünstig. Zudem verhindern Allgemeine Dienstordnungen die Überlassung von Räumen für kommerzielle Zwecke, Einnahmen aus Vermietungen gehen in die allgemeinen Deckungsmittel des Haushaltes ein. Die freien Valenzen dürfen allerdings wegen der zunehmenden Verlagerung von Prüfungen und Kursen in die vorlesungsfreie Zeit nicht überschätzt werden. Dennoch empfiehlt es sich, die Hindernisse für eine kommerzielle Nutzung der Räume zu beseitigen und Einnahmen aus kommerzieller Vermietung der Hochschule zu überlassen.

So wünschenswert die Erschließung alternativer Finanzierungsquellen aus Dienstleistungen sein mögen, ihr Deckungsbeitrag für die Grundfinanzierung darf nicht überschätzt werden. An manchen Hochschulen ist schon heute ein Deckungsbeitrag erreicht, der eine weitere Steigerung weder realistisch, noch im Verhältnis zu den Primäraufgaben wünschenswert erscheinen läßt.

c) Kapitalmarkt, private Anleger

Die mit dem Ziele der Chancengleichheit aller Hochschulen geschaffene Gemeinschaftsfinanzierung von Bauten und Großgeräten (HBFG) stellt sich heute vor allem wegen der unzureichenden Dotierung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau, aber auch wegen mancher Verfahrensregelungen in manchen Bereichen, als Investitionshindernis dar, das die Gefahr in sich birgt wegen unzureichenden Ausbaus und Veralterung der Ausstattung sowie unzuträglicher Verzögerungen bei Bauten und Großgerätebeschaffungen, in den naturwissenschaftlichen, ingenieurwissenschaftlichen und medizinischen Fächern die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen. Inzwischen sind die wirtschaftlich leistungsfähigeren Bundesländer mit Vorfinanzierungsraten, die den auf sie entfallenden Bundesanteil eines Jahres weit überschreiten, in Vorlage getreten. Dies kann dazu führen, daß die ursprünglichen Ziele des Hochschulbauförderungsgesetzes nicht erreicht werden. Die Durchsetzung alternativer Finanzierungsformen bei der Finanzierung des Hochschulbaus wie Anlagenleasing und freie Kapitalmarktfinanzierung wurde bisher wegen fehlender Mitfinanzierung des Bundes bei solchen Verfahren und des damit drohenden Verlusts des Bundesanteils verhindert. Alle Versuche, die Gemeinschaftsfinanzierung auf große Investitionen zu beschränken und Maßnahmen zwischen 0,5 bis 3 Mio DM durch Anhebung der "Bagatellgrenze" aus der Gemeinschaftsfinanzierung auszunehmen, sind an fiskalpolitischen Einwänden der Länder und ihrem Beharren auf Finanzausgleich gescheitert.

Die HRK wiederholt ihren Appell, auch alternative Verfahren, wie Anlagenleasing oder Generalübernahmeverträge in die Gemeinschaftsfinanzierung einzubeziehen.

Des weiteren sollte erwogen werden, in Bereichen, in denen die Hochschulen Einnahmen erzielen (Medizin, Drittmittelforschung), die Anlagenfinanzierung über den Kapitalmarkt, insbesondere durch Ausgabe von Schuldverschreibungen zu ermöglichen. Dies entspricht üblicher Finanzierungspraxis in den angelsächsischen Ländern. In Großbritannien und den USA sind die Hochschulen befugt, Schuldverschreibungen auszugeben, die über einen Zeitraum von 20 Jahren amortisiert und durch staatliche Bürgschaften gesichert werden.

Die Refinanzierung erfolgt aus dem Haushalt, insbesondere den Einnahmen der Hochschulen. Die höheren Aufwendungen der langfristigen Finanzierung werden durch Rationalisierungsvorteile und Einnahmen kompensiert, die die Hochschulen ohne die Anlageninvestition nicht erzielen könnten.


Weiter:


bay, 15.1.2001, URL www.michael-bayer.de