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HRK-Positionspapier (2)

Entwicklungstendenzen und Aufgaben


Die ökonomische und soziale Zukunft der Bundesrepublik Deutschland wird entscheidend von Bildung und Ausbildung, von Forschung und Entwicklung, bestimmt sein. Deren Intensität und Qualität werden die Konkurrenzfähigkeit Deutschlands auf den internationalen Märkten wesentlich bestimmen und das Potential für die Lösung von Gegenwarts- und Zukunftsproblemen, z B. der zunehmenden Belastung der Umwelt, der drohenden Klimakatastrophe und der wachsenden Staatsverschuldung pro Kopf der Bevölkerung, erheblich beeinflussen. Die Einsicht, daß die junge Generation den Herausforderungen der Zukunft nur dann mit Aussicht auf Erfolg gerecht werden kann, wenn ihr dazu die bestmögliche Ausbildung ermöglicht wird, hat sich in vergleichbaren Industriestaaten, die einen z.T. deutlich höheren Akademisierungsgrad aufweisen, längst durchgesetzt.

Das Bildungsverhalten der jungen Generation steht im Einklang mit diesen Erfordernissen. So wird die Nachfrage nach Studienplätzen in den nächsten Jahren weiter ansteigen. In den letzten drei Jahren war in Westdeutschland zwar eine leicht rückläufige Tendenz zu verzeichnen, der Rückgang blieb aber deutlich hinter der demographischen Entwicklung Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre zurück. Dies bedeutet, daß der Trend zu höheren Bildungsabschlüssen nach wie vor anhält. Da die Geburtenzahl in der zweiten Hälfte der 70er Jahre anstieg, ist in absehbarer Zeit auch in den alten Ländern wieder mit steigenden Anfänger- und Studentenzahlen zu rechnen. In den östlichen Bundesländern vollzieht sich parallel eine Aufwärtsentwicklung der Anfängerzahlen, die sich aus der höheren Bildungsbeteiligung seit dem Ende der zentralstaatlichen Planung der früheren DDR ergibt. Die Zahl der Studierenden im gesamten Bundesgebiet wird nach diesen Prognosen, selbst wenn es zu einer drastischen Verkürzung der Studiendauern kommt, nicht unter den gegenwärtigen Stand von ca. 1,89 Millionen sinken.

Parallel zum weiteren Wachstum der Studienanfänger- und Studierendenzahlen wird sich in den nächsten Jahren ein Generationswechsel bei den Professorinnen und Professoren vollziehen. Der rasche Ausbau der Hochschulen von Westdeutschland und in der damaligen DDR in den 60er Jahren und der Ausbaustopp in Westdeutschland seit Mitte der 70er Jahre haben zu einer verzerrten Altersstruktur geführt. Deshalb werden in den kommenden 15 Jahren überproportional viele Hochschullehrer, insgesamt etwa 3/4 des gesamten Bestandes, ausscheiden. In diesem Wechsel liegt eine Chance für die Erneuerung der Hochschulen, vor allem für die Einleitung notwendiger innovativer Entwicklungen in Forschung und Lehre, für die Besetzung neuer Wissensfelder und die Erarbeitung zukunftsorientierter Lösungen. Die angemessene Ausbildung der großen Zahl Studierender und die erforderlichen strukturellen Änderungen zeitigen jedoch zwangsläufig Folgekosten in personeller, sächlicher und apparativer Hinsicht.

Um den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden zu können, müßte zum einen der aus der jahrelangen Unterfinanzierung resultierende Nachholbedarf gedeckt und darüberhinaus eine dem weiterem Wachstum und den neuen Aufgabenstellungen angemessene Finanzierung gesichert werden. Die HRK hat im "Konzept zur Entwicklung der Hochschulen in Deutschland" die Notwendigkeit betont, durch Wettbewerb und Effizienzsteigerung die Nutzung der den Hochschulen verfügbaren Mittel zu optimieren. Zur Wiederherstellung der Arbeitsbedingungen der Hochschulen des Jahres 1977, dem Jahr des "Öffnungsbeschlusses" der Regierungschefs von Bund und Ländern als 64 % aller Studiengänge an Universitäten und 60 % aller Studiengänge an Fachhochschulen zulassungsbeschränkt waren, hat sie unter Berücksichtigung der heutigen finanziellen Ausstattung und der derzeit für den Hochschulbereich gültigen Planungsparameter einen Bedarf von jährlich 9 Milliarden DM zusätzlich für Personal, Sach- und Investitionsmittel errechnet. Bund und Länder haben sich im sog. "Eckwertepapier" von Mai 1993 darauf verständigt, den jährlichen Mehrbedarf für den Hochschulbereich auf über 6 Mrd. DM zu beziffern. Sie haben daraus jedoch keine Schlußfolgerungen für die Finanzplanung gezogen. Dies macht es erforderlich, ein Konzept für die künftige Finanzierung der Hochschulen zu entwickeln.


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bay, 15.1.2001, URL www.michael-bayer.de