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Globalhaushalte


Den größten Teil ihrer Einnahmen, etwa 90 Prozent, bekommen die Hochschulen aus dem Staatshaushalt. Das bedeutet nicht nur, Ausgabenkürzungen in Bundes- und vor allem Landeshaushalten wirken sich folgenreich aus. Es heißt auch, bei der Mittelvergabe gelten die Grundsätze der Landeshaushaltsordnung. So bestimmt grundsätzlich der Landtag mit dem Haushaltsplan, welche Bereiche der Universitäten wieviel Geld wofür ausgeben dürfen – und zwar in einem Kalenderjahr. Fehlen am einen Ende Mittel, nützt es nichts, wenn am anderen noch welche da sind. Wer sparsam wirtschaftet und am Jahresende Geld übrig hat, muß es an das Land zurückgeben. Langfristig zu planen, ist für die Hochschulen deshalb schwierig.

Es ist keine neue Erkenntnis, daß dieses Wirtschaften nicht sonderlich zweckdienlich ist. Bereits unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg gab es auch in Sachen Haushaltsangelegenheiten Versuche, den Hochschulen mehr Autonomie als anderen öffentlichen Einrichtungen einzuräumen (BEHRENS verweist in diesem Zusammenhang auf die Schwalbacher Richtlinien, auch "Gelbes Gutachten" genannt, aus dem Jahre 1947 sowie das "Blaue Gutachten" von 1948); weitere folgten (etwa Vorstöße der Westdeutschen Rektorenkonferenz 1968 zu Beginn der Beratungen des ersten Hochschulrahmengesetzes und des Wissenschaftsrats, 1979, in seinen Empfehlungen zum Mitteleinsatz in Hochschulen.) In seinen Zehn Thesen forderte der Wissenschaftsrat schließlich 1993, die Hochschulen müßten in die Lage versetzt werden, Reformziele aufzugreifen und autonom umzusetzen. "Dies setzt handlungsfähige Hochschulen voraus, denen durch schrittweise Globalisierung der Haushalte und Deregulierung des Haushaltsvollzugs mehr Budgetsouveränität eingeräumt werden sollte." Mit dem Eckwertepapier wurde auch das zum bildungspolitischen Konsens.

Wenn es um die Reform der Finanzverfassung an den Hochschulen geht, tauchen in der öffentlichen Diskussion eine Reihe von Begriffen auf, die oft durcheinander geworden werden. Thomas Behrens, Vertreter des Kanzlers an der Gesamthochschule Duisburg und Autor einer grundlegenden, einschlägigen Untersuchung, nennt folgende Begriffsbestimmungen:

Entsprechende Modellversuche laufen seit Anfang der neunziger Jahren, zunächst 1991 in Hamburg, dann auch in Nordrhein-Westfalen und Hessen, wo Wiesbaden bewußt den "'konservativen' Weg" (BEHRENS b) der Flexibilisierung der Hochschulhaushalte ging. Dort wirtschaftet seit 1993 die Technische Hochschule Darmstadt und die Fachhochschule Wiesbaden mit einem Haushaltsvermerk, der fast alle Sachkosten als gegenseitig deckungsfähig erklärt. Zudem dürfen Mittel für kommende Jahre angespart werden. Inzwischen können auch Personalmittel für Sachkosten verwendet werden und umgekehrt. Seit 1995 beteiligt sich auch die Gesamthochschule Kassel.

Weitere Länder folgten mit Modellversuchen, etwa der des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur – begleitet von einem Beirat unter Vorsitz des CHE (BULTMANN). Dieser Versuch ist vergleichsweise weitgehend: Die drei niedersächsischen Hochschulen können seit 1995 als eigenständige Landesbetriebe wirtschaften. In den Universitäten Clausthal-Zellerfeld und Oldenburg sowie der Fachhochschule Osnabrück wurde die kameralistische Budgetierung mit vier globalen Zuschußtitel ersetzt. Die wirtschaftliche Verwendung der Mittel wird hochschulintern durch das System der kaufmännischen Buchführung überwacht. Die Kontengruppen sind gegenseitig deckungsfähig, Mehrerträge können für Mehraufwendungen verwendet werden. Rückstellungen werden beim Lande verwahrt. Die Hochschulen legen Jahresabschlüsse vor, die von einem Wirtschaftsprüfer geprüft werden. (KRASNY / ZIEGELE)

Um den Gestaltungsspielraum, den Globalhaushalte bringen, einschätzen zu können, ist zu berücksichtigen, daß der größte Teil der Personalmittel (die KMK geht davon aus, 67 bis 76 Prozent der Gesamtmittel der Hochschulen sind stellengebunden) in Form von Dienst- und Arbeitsverhältnissen gebunden ist, genauso die meisten Sachmittel: die Verbrauchskosten für Strom, Gas, Mieten und Kommunikationskosten. Übrig bleibt ein kleiner Prozentsatz. Die Kultusministerkonferenz rechnet mit zehn bis 20 Prozent der in den Hochschulkapiteln veranschlagten Mittel; Thomas Behrens (b) spricht bei einem 300 Millionen Mark-Haushalt einer mittelgroßen Universität von einem zweistelligen Millionenbetrag, fügt aber hinzu: "Daß allerdings solche Umschichtungsmöglichkeiten den Hochschulen erstaunlich viel Gestaltungsspielraum verschaffen, belegen sämtliche Erfahrungsberichte der an Modellversuchen beteiligten Hochschulen einschließlich der Begutachtungen durch Unternehmensberatungen."


Lesetips

Siehe auch: These 4 - staatlicher Einfluß auf Wirtschaft und Hochschulen

Weiter: Leistungsbezogene Mittel


Michael Bayer, 27. Mai 2001