1
In der hochschulpolitischen Diskussion der letzten Jahre ist "Wettbewerb" ein Schlüsselwort geworden. Von verschiedenen Seiten wird gefordert, Wettbewerbselemente im Hochschulsystem der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu verstärken. Das nordamerikanische Hochschulsystem gilt dabei häufig als ein Muster, dem nachzueifern sei. Dagegen haben sich allerdings auch kritische Stimmen erhoben. Sie bezweifeln, daß dieses Modell für die deutschen Verhältnisse geeignet sei und widersprechen darüber hinaus auch seiner Idealisierung.
Der Wissenschaftsrat konzentriert sich in der vorliegenden Stellungnahme auf die Probleme und die Möglichkeiten der wissenschaftlichen Hochschulen. Es geht dem Wissenschaftsrat darum zu prüfen, was vom Wettbewerb im Hochschulsystem erwartet werden kann und wie sich Wettbewerb, soweit er wünschenswert ist, in Gang bringen läßt. Dazu müssen die Vor- und Nachteile beurteilt werden, die sich ergeben, wenn Wettbewerb auf den verschiedenen Ebenen eines historisch gewachsenen Hochschulsystems eingeführt oder verstärkt wird, das – wie das deutsche – von Anfang an zwar auch Wettbewerb kannte, aber bei seiner Institutionalisierung vorrangig anderen Prinzipien folgte.
Der Wissenschaftsrat hat, um diese Fragen aufzuarbeiten und daraus Folgerungen zu ziehen, eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, der auch Sachverständige angehörten, die nicht Mitglieder des Wissenschaftsrates sind. Ihnen ist der Wissenschaftsrat zu Dank verpflichtet.
Der Wissenschaftsrat hat die Empfehlungen am 5. Juli 1985 verabschiedet.
Wettbewerb ist kein Selbstzweck. Auch im Hochschulsystem ist es nicht schon ein Wert an sich, daß seine Mitglieder – Institutionen und Personen – miteinander konkurrieren. Wettbewerb ist prinzipiell sinnvoll, wenn und insoweit er die Fähigkeit eines Systems verstärkt, wünschenswerte Leistungen zu erbringen. Dabei ist im Hochschulbereich an Leistungen in vielerlei Bedeutung zu denken: an Qualität der Forschung wie der Lehre, an Flexibilität in der Anpassung an neue Aufgaben wie an Effizienz im Einsatz der Mittel.
Leistungsanreize ergeben sich in einem Wettbewerbssystem dadurch, daß knappe Güter materieller oder immaterieller Natur als Leistungsprämien denen zufallen, die sich in der Konkurrenz mit anderen als überlegen erweisen. Wissenschaftliche Leistung beruht primär auf dem Interesse des einzelnen Wissenschaftlers an Erkenntnis. Zwar strebt, wer Wissenschaft treibt, in aller Regel danach, durch Forschungsleistungen die Anerkennung der Fachwelt zu erringen, ohne daß es dazu äußerer Anreize bedarf. Dieses "natürliche" Leistungsstreben kann aber starke zusätzliche Impulse erhalten, wenn es über die Reputation hinaus auch andere Prämien gibt – Einkommen, Position, Ausstattung –, die durch Leistung gewonnen werden können. Regeln, die diesen Zusammenhang systematisch und wirksam herstellen, bilden den Kern einer Wettbewerbsordnung. Solche Regeln können insbesondere auch bewirken, daß nicht nur Personen in einen Leistungswettbewerb eintreten, sondern auch Institutionen darum bemüht sind, sich durch Leistung vor anderen Institutionen auszuzeichnen.
Die Wirksamkeit von Regeln, wonach Institutionen und Personen belohnt werden, die mehr und Besseres leisten als andere, beruht auf einer bestimmten Konfiguration von Bedingungen. Wettbewerb setzt zunächst ein gewisses Maß an Handlungsfreiheit für die am Wettbewerb Beteiligten voraus. Wer sich im Wettbewerb bewähren soll, muß das Recht und die Möglichkeit haben, nach eigener Entscheidung individuelle Leistungen zu erbringen und dabei auf die Signale des Wettbewerbsmechanismus zu reagieren.
Hochschulen brauchen aber nicht nur ein relativ hohes Maß an Autonomie, um wettbewerbsfähig zu sein. Auch die innere Ordnung der Hochschulen muß die Hochschule als Ganze und alle ihre Amtsträger befähigen, Entscheidungen zu treffen, wie sie unter Bedingungen des Leistungswettbewerbs mit anderen Hochschulen notwendig werden.
Eine weitere Voraussetzung funktionierenden Wettbewerbs ist Transparenz. Transparenz hat aus zwei Gründen Schlüsselbedeutung für den Wettbewerb im Hochschulbereich. Nur wenn alle Beteiligten wissen, wer was leistet, also Leistungen von Institutionen und Personen vergleichen können, können sie sich den Spielregeln des Wettbewerbs gemäß verhalten. Darüber hinaus und fast wichtiger noch: Eines jener knappen Güter, um derentwillen man sich auf Wettbewerb einläßt, entsteht überhaupt erst durch Transparenz, nämlich Reputation. Wo es an Transparenz fehlt, weil der Wille und die Möglichkeit zu vergleichender öffentlicher Bewertung von Forschungs- und Ausbildungsleistungen der einzelnen Hochschulen, Fachbereiche, Institute nicht vorhanden sind, kann der Wettbewerbsmechanismus gar nicht greifen.
Damit ist bereits auf ein weiteres Schlüsselelement eines Wettbewerbssystems verwiesen, nämlich auf die Bewertungsmaßstäbe. Und in unmittelbarem Zusammenhang mit den Bewertungsmaßstäben steht das letzte Schlüsselelement, stehen die Zuteilungsregeln. Es muß einerseits plausible Regeln, plausible Mechanismen der Prämierung von Leistung geben. Solche Regeln können andererseits aber nur dann einen leistungsfördernden Wettbewerb in Gang bringen und in Gang halten, wenn es allgemein akzeptierte Kriterien für die Bewertung von Leistungen gibt. Für den Hochschulbereich heißt das insbesondere, daß es Kriterien für die Bewertung von Forschung und Lehre geben muß. Die Frage nach den Kriterien der Bewertung verweist auf die Frage nach den Instanzen, die bewerten. Im Hinblick auf den Forschungsbereich ist dabei vor allem die Rolle der anonymen "scientific community" und der Organisationen und Personen relevant, die sie repräsentieren: Selbstverwaltungsorganisationen der Wissenschaft, wissenschaftliche Fachgesellschaften, Förderungseinrichtungen, die Forschungsmittel verteilen, aber auch Herausgeber und Gutachten maßgeblicher Zeitschriften. Im Bereich der Lehre macht die Frage nach anerkannten Instanzen und Verfahren für die Beurteilung von Ausbildungsleistungen besondere Schwierigkeiten sichtbar. Es ist zwar möglich, die Beurteilung der Ausbildungsleistungen einerseits denen, die studieren, andererseits denen, die Absolventen einstellen, zuzuweisen, den Wettbewerb im Bereich der Lehre also von der Nachfrage her steuern zu lassen. Aber es wird zu prüfen sein, ob dies hinreicht und ob man dies will. Gerade der Lehrbereich zeigt die Besonderheiten auf, die im Hochschulsystem in Rechnung zu stellen sind, wenn man die Voraussetzungen für Wettbewerb schaffen oder verbessern will.
Neben der Frage nach den Voraussetzungen der Wirksamkeit des Wettbewerbs stellen sich Fragen normativer Art. Es gibt Schranken des Rechtes, die nicht zur Disposition stehen. Darüber hinaus muß eine Wettbewerbsordnung auch moralisch fragwürdige Formen und Intensitäten des Wettbewerbs ausschließen. Auch für den Wettbewerb im Hochschulbereich gilt die Unterscheidung zwischen lauterem und unlauterem Wettbewerb.
Damit ist bereits angedeutet, daß das Maximum an Wettbewerbsintensität nicht das Optimum ist, gemessen an den Zielen, denen Wettbewerb dienen soll. Es gibt eine Zuspitzung der Konkurrenz, die eher lähmt und entmutigt als stimuliert, weil vernünftige, kalkulierbare Erfolgschancen nicht mehr gegeben sind. Wettbewerb kann zu einer Konzentration von Qualität führen, die mit einer geistigen Provinzialisierung außerhalb der Zentren bezahlt wird. Wettbewerb um Studenten kann, wenn es an richtigen Rahmenbedingungen fehlt, Qualitätsstandards in der Lehre und im Prüfungswesen gefährden. Im Wettbewerb um Forschungsressourcen können, wenn er zu weit getrieben wird, viel Energie und viel Zeit unnütz verbraucht werden. Jedes Wettbewerbssystem wird die Gefahr solcher Fehlwirkungen zu beachten haben.
Es gehört freilich zum Wesen des Wettbewerbs, daß nicht alle die Ersten sein können. Wettbewerb, wenn er Freiräume für besondere Anstrengungen schafft und Leistung belohnt, hat zur Folge, daß bessere Lehrer und Forscher, bessere Institute und Fakultäten hervortreten und durch Reputation, Ausstattung und andere Gratifikationen dafür besonders belohnt werden. Diejenigen, die bei einem solchen Verteilungssystem zurückfallen, dürfen jedoch keineswegs ihrer Arbeitsmöglichkeiten und Wettbewerbschancen beraubt werden. Dies ist schon deshalb auszuschließen, weil im Sinne deutscher Hochschultraditionen und im Einklang mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland die Länder gehalten sind (und gehalten bleiben sollen) Mindeststandards für gute Forschung und Lehre einheitlich im ganzen Hochschulsystem zu gewährleisten. Darüber hinaus gilt: Wenn der Wettbewerb im Hochschulbereich sich nicht darauf beschränkt, daß alle das gleiche – nur jeweils besser als der andere – zu tun versuchen, sondern dazu führt, daß alle Beteiligten ihre besonderen Stärken herauszufinden und zu entwickeln sich bemühen, wenn also Wettbewerb ein hohes Maß an Differenzierung hervorbringt, können viele Gewinn davon haben
In diesem Sinne befürwortet der Wissenschaftsrat Wettbewerb im Hochschulbereich. Welche Intensitäten und Formen des Wettbewerbs im deutschen Hochschulsystem anzustreben sind, bedarf differenzierter Prüfung. Dabei ist auszugehen von den bisherigen Entwicklungen und den vorgegebenen Rahmenbedingungen dieses Hochschulsystems.
Die deutschen Universitäten sind durchweg als Einrichtungen des Staates entstanden und werden fast ausschließlich vom Staat finanziert. Der Staat hat mit der Verantwortung für die Hochschulen auch die Pflicht übernommen, dafür zu sorgen, daß alle Hochschulen bestimmten Qualitätsstandards genügen. Ein solches System hat große Vorzüge. Es schafft, wenn zugleich die Freiheit von Forschung und Lehre gesichert ist, Freiräume für kreative Arbeit. Es sichert aber, wenn den Bestandsgarantien keine Leistungsanreize hinzugefügt werden, wie sie beispielsweise durch Wettbewerb um zusätzliche Ressourcen entstehen, nicht ebenso, daß diese Freiräume auch genutzt werden.
Im deutschen Hochschulsystem gibt es insbesondere den individuellen Wettbewerb um Reputation als Forscher in der Fachöffentlichkeit, um Positionen und um Ressourcen für die Forschung. Wenn es darüber hinaus vor allem an institutionellem Wettbewerb im deutschen Hochschulsystem mangelt, so deshalb, weil es teils an Transparenz, teils an den nötigen Handlungsspielräumen, teils an Leistungsanreizen fehlt Das soll im folgenden Überblick genauer dargestellt werden
Hierbei werden folgende Träger des Wettbewerbs unterschieden:
Hochschulen (II. 1.)
Länder (II. 2.)
Hochschullehrer (II. 3.)
Studenten (II. 4.)
Für jeden dieser Träger werden jeweils verschiedene Wettbewerbsfelder untersucht. Am Wettbewerb auf diesen Feldern sind in der Regel mehrere Träger beteiligt. Um in der Darstellung ständige Wiederholungen zu vermeiden, wird die Wettbewerbssituation schwerpunktmäßig bei den jeweils am stärksten beteiligten Trägern erörtert.
Anerkennung für wissenschaftliche Leistung und Reputation in der "scientific community" und über diese hinaus wird in der Bundesrepublik Deutschland vorwiegend individuell und weniger institutionell zugeschrieben. Wettbewerb zwischen Hochschulen um Reputation findet daher – anders als in anderen Ländern – kaum statt.
(1) Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in der mangelnden Transparenz der Leistungen von Hochschulen in Forschung und Lehre. Die Bereitschaft, die Leistungen der Hochschulen als Institutionen zu bewerten und die Ergebnisse solcher Einschätzungen auch zu veröffentlichen, tritt in der deutschen Hochschultradition gegenüber dem Prinzip der Gleichrangigkeit aller Universitäten zurück, das stets große Bedeutung hatte10/1. Demgegenüber gibt es und hat es in der "scientific community" fast aller Hochschulfächer einen weitgehenden, wenn auch nicht veröffentlichten Konsens über die Qualität von Hochschuleinrichtungen gegeben. Routinemäßig anwendbare Verfahren zur Messung solcher Einschätzungen sind aber nicht entwickelt worden, und es fehlt wohl auch an der Bereitschaft, sie zu akzeptieren. Gleichwohl sind einige Versuche, eine Rangfolge deutscher Hochschulen oder Fakultäten nach ihrer Reputation zu ermitteln, dann auf Interesse gestoßen, wenn die Projekte in den Hochschulen selbst durchgeführt wurden, nicht öffentlich diskutiert wurden und Auswirkungen auf die staatliche Finanzierung nicht zu erwarten waren.
(2) Die mangelnde Transparenz im deutschen Hochschulsystem hat ihre Auswirkungen z.B. auf dem Arbeitsmarkt, der kaum in der Lage ist, die Lehrleistungen der Hochschulen zu bewerten, und auch mit der Bewertung ihrer Forschungsleistungen Schwierigkeiten hat. Eine nach Hochschulen differenzierende Bewertung durch den Arbeitsmarkt ist allenfalls bei Studiengängen mit hoher Praxisnähe wie etwa ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen festzustellen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika werden die Schwerpunkte und die höchst unterschiedliche Qualität der Ausbildung an den Hochschulen regelmäßig beobachtet und unter anderem auch an der Nachfrage des Beschäftigungssystems nach Absolventen gemessen und bewertet. Die Ergebnisse solcher Untersuchungen werden laufend veröffentlicht, der "Marktwert" einer Ausbildung an einer bestimmten Hochschule ist damit innerhalb bestimmter Grenzen bekannt. Arbeitgeber, Studenten und nicht zuletzt auch die Leitungen der Hochschulen verfolgen diese "Kursentwicklungen" und orientieren sich in ihrem Verhalten an ihnen. Bei allen Vorbehalten, die man gegenüber den Meß- und Bewertungsgrundlagen vorbringen kann, schafft dieses Verfahren, das durch seine laufende Wiederholung auch sich selbst zu korrigieren vermag, doch ein hohes Maß an Transparenz.
Die Personalleitungen der Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes verfügen dagegen in der Bundesrepublik Deutschland, abgesehen von relativ undeutlichen Präferenzen für oder auch gelegentlichen Voreingenommenheiten gegen bestimmte Hochschulen, über zu wenig zuverlässige Informationen; sie reichen nicht aus, um die Ausbildungsleistungen der einzelnen Hochschulen klar zu unterscheiden und zu beurteilen.
Wettbewerb um Studenten hat es im Hochschulsystem der Bundesrepublik Deutschland bisher nur in geringem Maße gegeben, z.B. für einige neu gegründete Hochschulen, für Kunsthochschulen, bei der Vergabe von Diplomarbeiten und Dissertationen. Die Nachfrage nach Studienplätzen ist gegenwärtig größer als das Angebot. Deshalb sind die Zulassungsverfahren hochgradig kodifiziert und zentralisiert. Es fehlt gerade in diesem Bereich den Hochschulen an Handlungsspielraum und damit an Motivation.
(1) In der deutschen Universitätsgeschichte hat, wie z.B. die Gründung der Universität Göttingen zeigt, Wettbewerb der Hochschulen um Studenten in quantitativer Hinsicht früher durchaus eine Rolle gespielt. Seit die Hochschulen überwiegend vom Staat finanziert werden die Kolleggelder und andere Anreize in Form von Gebühren, Hörergeldern u.ä. entfallen sind, während die Möglichkeiten einer Hochschulausbildung erheblich ausgeweitet wurden, hat dieser Wettbewerb an Bedeutung verloren. Das sprunghafte Anwachsen der Nachfrage nach Studienplätzen in den letzten beiden Jahrzehnten tat ein übriges.
Zwar ist die staatliche Finanzierung der Hochschulen teilweise von der Studentenzahl abhängig, aber diese Abhängigkeit wird kaum wettbewerbswirksam. Die in den meisten Ländern zur Verfügung gestellten "Überlastmittel" dienen vor allem der Sicherstellung eines ausreichenden Lehrangebots, Wettbewerbsgesichtspunkte spielen für die Vergabe dieser Mittel keine Rolle.
(2) Auch in qualitativer Hinsicht findet Wettbewerb der Hochschulen um Studenten kaum statt. Von vielen Seiten wird dies als ein Hauptgrund für geringe Profilierung und Leistungsdifferenzierung der Hochschulen betrachtet.
Für den qualitativen Wettbewerb der Hochschulen um Studenten ist es nach weit verbreiteter Auffassung besonders wichtig, daß sie bei der Zulassung zum Studium die jeweils geeignetsten Bewerber nach eigenen Maßstäben auswählen können. Auswahl- und Förderungsverfahren aufgrund differenzierter Zugangsbedingungen stehen im Ausland den Hochschulen vielfach zur Verfügung und sind bestimmend für das Bild, das man sich von Hochschulen mit hohem Leistungsanspruch und -standard macht. Dem steht die deutsche Tradition gegenüber, dem Studenten, der eine allgemeine Studienberechtigung erworben hat, das Recht der freien Wahl einer Hochschule einzuräumen. Dieses Recht schließt einen qualitativen Wettbewerb der Hochschulen um Studenten keineswegs aus, regt ihn freilich auch nicht nachhaltig an. Unmöglich gemacht wird Wettbewerb erst durch ein System zentraler Zuweisung von Studienplätzen.
Gegenwärtig gilt in der Bundesrepublik Deutschland für die Mehrzahl der Fächer nach wie vor das Recht freier Wahl, für eine Minderzahl werden Studienplätze zentral zugewiesen. Die Möglichkeit, bei der Erstzulassung die Eignung von Bewerbern zu prüfen, haben die Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig nur in den künstlerischen Fächern und im Sport, in denen zusätzlich zum Nachweis der Hochschulreife eine Eignungsprüfung durchgeführt wird, sowie neuerdings für eine Quote von 15% der Studienplätze in den humanmedizinischen Fächern, die ab 1986 aufgrund von Auswahlgesprächen vergeben werden sollen12/1. Daneben führen die privaten Hochschulen in Witten/Herdecke und Koblenz Aufnahmeprüfungen durch.
Das Konzept der Regionalisierung des Hochschulsystems, das in der Phase der Expansion eine wichtige Rolle spielte, hatte u. a. zum Ziel, daß die Studenten ihre Studienwünsche auch an einer Hochschule der näheren Umgebung ihres Wohnsitzes sollten verwirklichen können. Der gleiche Gesichtspunkt liegt dem Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen in den Numerus clausus-Fächern wie auch in den Fächern mit Ortsverteilungsverfahren zugrunde. Beides steht zu den Zielen qualitativen Wettbewerbs in Spannung.
(3) In den späteren Phasen des Studiums, nach der Zwischenprüfung und auch nach dem berufsqualifizierenden Abschluß besteht ebenfalls nur wenig Spielraum für qualitativen Wettbewerb der Hochschulen um Studenten. Anreize, sich in besonderer Weise, etwa durch spezielle Lehrangebote, um Studenten zu bemühen, fehlen weitgehend, da solche Initiativen, z.B. durch die Anrechnung auf die Lehrverpflichtungen, in der Regel nicht honoriert werden. Vorhandener, wenn auch begrenzter Spielraum wird nicht genutzt. Insbesondere ist eine stärkere Strukturierung der postgradualen Phase von den Fakultäten/Fachbereichen vielfach abgelehnt worden. Systematisierte Studien zur Vertiefung oder Spezialisierung der Ausbildung, insbesondere auch ausgearbeitete Promotionsstudien, die einen Wettbewerb der Hochschulen um qualifizierte Absolventen des Studiums eröffnen könnten, werden bislang kaum angeboten. Definierte Möglichkeiten hierzu, z. B. durch zusätzliche Mittel oder durch Anrechnung auf die Lehrdeputate, sind nicht vorgesehen. Initiativen in diese Richtung bedürfen des Anstoßes und der Honorierung.
Wettbewerb hat sich auch bisher schon dort entwickeln können, wo die Mitarbeit von qualifizierten Diplomanden und Doktoranden für die laufende Forschung wichtig ist. Durch das Angebot von befristeten Verträgen, Teilzeitstellen u.ä.m. treten dann Institute einer Hochschule in Wettbewerb um besonders qualifizierte Studenten. Das hat in den Disziplinen, wo es in Betracht kommt, zu beachtlichen Effekten geführt.
(4) Qualitativer Wettbewerb der Hochschulen um Studenten setzt generell Spielräume für die Gestaltung des Hochschulstudiums voraus, ohne die den Hochschulen die Bildung eines eigenständigen Profils in der Ausbildung nicht möglich ist. Diese Spielräume sind derzeit relativ eng und werden auch, soweit sie bestehen, nicht durchweg genutzt.
Studien- und Prüfungsordnungen bedürfen unabhängig davon, ob sie mit einem Staats- oder einem Universitätsexamen abschließen, nach § 11 Abs. 3 HRG in Verbindung mit den hierzu bestehenden landesrechtlichen Regelungen in der Regel staatlicher Zustimmung. Geht man davon aus, daß in einem föderativen Bildungssystem mit Rahmenkompetenz des Bundes "ein gewisses Maß an bundesweiter Rechtssicherheit und einheitlicher Gestaltung von Prüfungsordnungen ... zweckmäßig und vorteilhaft"13/1 ist, dann bedeutet die Zustimmungs- oder Genehmigungspflicht zunächst eine Form der Rechtsaufsicht, die insoweit vernünftig erscheint, wie sie den Hochschulen die inhaltliche Ausgestaltung der Ordnungen weitestgehend überläßt. In den letzten Jahren haben sich jedoch im Hochschulsystem der Bundesrepublik Deutschland aus der Rechtsaufsicht des Staates Ansätze entwickelt, die in ihrer Wirkung von der Expertenkommission zur Untersuchung der Auswirkungen des Hochschulrahmengesetzes wie folgt charakterisiert werden:
"Das Zustimmungserfordernis hat die tendenzielle Wirkung, die Verantwortung der Hochschulen für die fachliche und berufliche Qualifizierung ihrer Studenten zu mindern. Dadurch schwächt es die Möglichkeiten und die Bereitschaft der Hochschulen, ihren Studienangeboten besondere Ausprägungen zu verleihen, die eigenen fachlichen Schwerpunktsetzungen entsprechen, und mit besonders profilierten Studienangeboten miteinander in einen Qualitätswettbewerb zu treten. Gerade durch die Gestaltung der Studienordnungen müssen die Hochschulen in der Lage sein, auf wissenschaftliche und berufliche Entwicklungen rasch zu reagieren und für die Qualität ihrer Ausbildung einen besonderen Ruf zu erwerben. Sinnvolle neue Formen der Studiengestaltung und darauf gerichtete Reforminitiativen werden häufig schon deshalb nicht weiterverfolgt, weil die staatliche Zustimmung zu einer geänderten Studienordnung fraglich ist oder der Verwaltungsaufwand gescheut wird.13/2
Die Wahrscheinlichkeit, daß sich die staatliche Zustimmungspflicht auf die Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschulen so auswirkt, ist durch die Arbeit der Studienreformkommissionen in Verbindung mit den staatlichen Durchsetzungsmöglichkeiten ihrer Empfehlungen noch gestiegen. Nach § 9 Abs. 7 HRG kann das zuständige Landesministerium die Anpassung bestehender oder den Erlaß von neuen Studien- und Prüfungsordnungen verlangen, die den Empfehlungen der Studienreformkommissionen entsprechen. Die Genehmigung einer Prüfungsordnung kann versagt werden, wenn sie den Empfehlungen einer Studienreformkommission nicht entspricht (§ 16 Abs. 1 Satz 2 HRG). Da es sich bei diesen gesetzlichen Rahmenbedingungen um Kann-Vorschriften handelt, die Entscheidungsspielräume zulassen, bliebe nach der praktischen Handhabung zu fragen.
Die (Rahmen-) Prüfungsordnungen treffen zum Teil bis in Einzelheiten gehende inhaltliche Festlegungen für das Studium, die die Studienordnungen bereits weitgehend vorwegnehmen. Um so mehr ist es zu begrüßen, wenn, wie bereits in Einzelfällen geschehen, die Ausgestaltung der Studienordnungen den Hochschulen übertragen wird. Die den Hochschulen zur Verfügung stehenden Spielräume für Initiativen bei der Entwicklung von Studienangeboten mit besonderen fachlichen Schwerpunkten vor allem im Hauptstudium werden allerdings von ihnen selbst nicht immer zureichend genutzt. Insbesondere dann nicht, wenn die von den Studienreformkommissionen als Beispiele erarbeiteten Studienordnungen ohne weiteres übernommen werden.
Auf der anderen Seite bestehen in den Ministerien aber auch Neigungen, Initiativen von Hochschulen, die von den Studien- und Prüfungsordnungen der übrigen Hochschulen stärker abweichen, besonders kritisch zu prüfen. Dabei steht häufig der Gesichtspunkt im Vordergrund, ob und inwieweit der Hochschulwechsel möglicherweise erschwert werden könnte.
(5) Spezielle Lehrveranstaltungen, die über das übliche Spektrum der Studiengänge forschungsorientiert hinausgehen, werden nur in geringem Umfang angeboten. Derartige forschungsorientierte Lehrveranstaltungen, die die Qualität des Studienangebots erweitern und besonders befähigte und motivierte Studenten fördern können, werden durch das geltende Hochschulrecht nicht ausgeschlossen. Sie zu entwickeln und anzubieten, bedarf es jedoch bei langfristig überdurchschnittlich ausgelasteten Kapazitäten wirksamer Anreize, etwa durch Anrechnung auf die Lehrverpflichtungen und durch symbolische Anerkennung. Anreize dieser Art sind im Hochschulsystem der Bundesrepublik Deutschland nicht enthalten.
Die Berufung hervorragender Hochschullehrer ist das entscheidende Instrument, um Qualität in Forschung und Lehre zu verwirklichen. In vielen ausländischen Hochschulsystemen verfügen die Hochschulen für diesen Zweck über Differenzierungsmöglichkeiten hinsichtlich der Bezahlung wie auch hinsichtlich der Gewährung spezieller Arbeitsbedingungen, die den deutschen Hochschulen nicht in gleichem Maße zur Verfügung stehen. Es bestehen jedoch auch hier, zumal seitdem das Förderungsinstrument der Sonderforschungsbereiche eingeführt worden ist, Spielräume, die allerdings nicht immer zielbewußt genutzt werden.
Da die deutschen Hochschullehrer Beamte des jeweiligen Landes sind, haben die Hochschulen nur indirekten Einfluß auf die Besoldung. Dieser Punkt wird deshalb im Abschnitt "Wettbewerb der Länder" (S. 17ff.) behandelt.
(1) Das Verfahren zur Berufung von Hochschullehrern ist im Prinzip ein Instrument, das zur Differenzierung und zu qualitätsorientiertem Wettbewerb beitragen kann. Es ist von den Hochschulen/Fakultäten/Fachbereichen jedoch – vor allem in der Expansionsphase der 60er und 70er Jahre – nicht immer auch so genutzt worden. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. In der Zeit des Ausbaus und unter dem quantitativen Druck auf die Hochschulen sind bei Berufungen vielfach Überlegungen der Deckung des Lehrbedarfs in den Vordergrund getreten. Weiterreichende qualitative, auch an der Forschung orientierte Gesichtspunkte haben nicht immer die ihnen zukommende Beachtung gefunden z.B. bei Überleitungen ohne zureichendes Berufungsverfahren15/1. Solche Tendenzen haben, zusammen mit der Bildung hochschulpolitischer Fronten, in einigen Fakultäten/Fachbereichen zu kritischen Entwicklungen geführt.
Seit den 70er Jahren hat nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Einrichtung von Sonderforschungsbereichen das Bewußtsein für die Notwendigkeit wieder zugenommen, bei Berufungen qualitativen Gesichtspunkten, insbesondere auch der Forschungskompetenz von Hochschullehrern, stärkeres Gewicht einzuräumen Die in einigen Ländern vorhandenen Bestrebungen zur Bildung von neuen Schwerpunkten in fächerübergreifenden Bereichen der naturwissenschaftlichen ingenieurwissenschaftlichen und medizinischen Forschung haben ebenfalls dazu beigetragen, herausragende Leistungen in der Forschung bei Berufungen in den Vordergrund zu rücken.
Die Möglichkeiten, hervorragenden Wissenschaftlern besonders attraktive Arbeitsbedingungen einzuräumen, sind durch die Regelungen in den Hochschulgesetzen des Bundes und der Länder begrenzt, aber doch nicht so eng, wie man häufig meint. Die gesetzliche Bestimmung, daß Ausstattungszusagen nur im Rahmen von Ausstattungsplänen gemacht werden dürfen, hat praktisch kaum Bedeutung gewonnen. Wieweit die gegebenen Möglichkeiten genutzt werden, hängt teils von den zuständigen Ministerien, aber auch von der Initiative und das heißt u. a. von der Binnenverfassung der einzelnen Hochschule ab. Es gibt zweifellos Hochschulen, die ihre Spielräume überwiegt nutzen, aber überwiegend wird innerhalb der Hochschulen bei der Vergabe von Ressourcen wenig differenziert.
(2) Besondere Probleme ergeben sich für den Wettbewerb der Hochschulen um wissenschaftlichen Nachwuchs. Durch die in der Phase des Ausbaus überdurchschnittlich häufige Besetzung von Stellen mit vergleichsweise jungen Nachwuchswissenschaftlern sind viele Fächer in eine Situation geraten, die durch einen außerordentlich niedrigen Ersatzbedarf bis zum Beginn des nächsten Jahrzehnts gekennzeichnet ist. Für diese wie auch für alle übrigen Fächer kommt hinzu, daß mit dem Ende der Ausbauphase und den sehr knapp gewordenen Mitteln für die Hochschulen zusätzliche Stellen kaum noch geschaffen werden.
Diese Situation hat dazu geführt, daß in vielen Fächern um eine sehr kleine Zahl von Stellen vergleichsweise viele Nachwuchswissenschaftler konkurrieren, was in der für den wissenschaftlichen Nachwuchs wichtigen Phase nach der Promotion gravierende Auswirkungen hat. Die Aussichten auf eine Hochschullehrerstelle sind so gesunken, daß der Anreiz, eine Hochschullehrerlaufbahn einzuschlagen, sehr gering geworden ist. Vor allem in den natur- und in den meisten ingenieurwissenschaftlichen Fächern bestehen für die Hochschulen nur sehr begrenzte Möglichkeiten, den wissenschaftlich besonders qualifizierten Nachwuchs an den Hochschulen zu halten, da oft gerade die Besten wegen der schlechten Aussichten in den Hochschulen allzu häufig Berufsfelder außerhalb der Hochschulen vorziehen. Das seit 1977 laufende Heisenberg-Programm zur Förderung junger hochqualifizierter Wissenschaftler trägt zur Entlastung bei, vermag aber die für die Hochschulen noch auf längere Sicht bestehenden Nachteile im Wettbewerb um wissenschaftlichen Nachwuchs nur in Grenzen zu kompensieren. Erste Schritte zu einer weiteren Verbesserung der Bedingungen sind inzwischen mit den Maßnahmen zur Förderung des hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses durch befristete Bereitstellung zusätzlicher Stellen für Professoren eingeleitet worden.
Das Finanzierungssystem der Hochschulen ist in nur geringem Maße darauf gerichtet, besondere Leistungen besonders zu honorieren und damit Wettbewerb zu initiieren.
(1) Die Grundausstattung für Lehre und Forschung wird den Hochschulen vom jeweiligen Sitzland zur Verfügung gestellt. Eigenes Vermögen steht den Hochschulen nur in wenigen Fällen und auch nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Der Bund beteiligt sich an der Finanzierung von Bauten und Großgeräten der Hochschulen. Für besondere Vorhaben werden von einzelnen Hochschullehrern und auch von den Hochschulen Drittmittel eingeworben. Die Bedeutung dieser Mittel hat erheblich zugenommen, zumal seitdem die realen Zuwendungen für die Hochschulaufgaben aus den öffentlichen Haushalten stagnieren oder zurückgehen. Die Frage, inwieweit bei der Vergabe von Mitteln aus der Gemeinschaftsfinanzierung Wettbewerbsgesichtspunkte eine Rolle spielen, wird Im Abschnitt "Wettbewerb der Länder um Mittel" (S.18 f.) behandelt. Drittmittel, die von einzelnen Hochschullehrern eingeworben werden, werden im Abschnitt "Wettbewerb der Hochschullehrer um Mittel" (S. 20 f.) erörtert.
(2) Eigene Einnahmen aus Studiengebühren spielen für die Finanzierung deutscher Hochschulen keine Rolle, da Studiengebühren, abgesehen von Randfällen, nicht erhoben werden und eigene Einnahmen generell an den jeweiligen Landesfiskus fallen. Es fehlt somit den Hochschulen an finanzieller Dispositionsfreiheit.
(3) Wettbewerb der Hochschulen um Mittel findet vor allem im Bereich Drittmittel statt und betrifft im wesentlichen die Forschung. Dabei ergibt sich ein funktionierender Wettbewerb insbesondere dann, wenn die Projekte von externen, unabhängigen und anerkannten Sachverständigen oder einem entsprechenden Gremium begutachtet und/oder Ergebnisse bewertet werden. Solche Projekte sind auf der Ebene der Hochschule vor allem die Sonderforschungsbereiche.
Die Hochschulen setzen das Instrument der Sonderforschungsbereiche vielfach bewußt dazu ein, ihr Profil in der Hochschullandschaft zu verdeutlichen. Es hat bisher schon in erheblichem Maße zur Bildung von fachlichen Schwerpunkten und damit zur Differenzierung beigetragen. Wenn hierbei die Geistes- und Sozialwissenschaften vergleichsweise zurücktreten, so ist das durch die Besonderheiten der Forschung in diesen Disziplinen bedingt17/1.
Eine föderalistische Verfassung bietet Chancen eines fruchtbaren Wettbewerbs zwischen den Ländern. Dazu bedarf es allerdings bestimmter Rahmenbedingungen, die auch den finanzschwächeren Ländern die Möglichkeit geben, im Wettbewerb mitzuhalten.
Wesentliche Handlungsspielräume besaßen die Länder früher insbesondere bei der Berufung von Professoren und bei der Hochschulfinanzierung.
Im Prinzip bietet das föderalistische Hochschulsystem der Bundesrepublik Deutschland auch jetzt noch gute Bedingungen für Wettbewerb zwischen den Ländern um hervorragende Wissenschaftler und qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs. Dies setzt auf seiten der Hochschulen die Anwendung hoher Qualitätsmaßstäbe und auf seiten der Länder ausreichende finanzielle Spielräume voraus. Bezüglich der Anwendung von Qualitätsmaßstäben, aber auch hinsichtlich der Möglichkeiten, besonders attraktive Arbeitsbedingungen einzuräumen, wird auf die Ausführungen im Abschnitt "Wettbewerb der Hochschulen um Hochschullehrer" (S. 14ff.) verwiesen.
Das Berufungsverfahren ist als Instrument des Wettbewerbs für die Länder seit der ab 1. Januar 1978 geltenden Besoldungsordnung C in der Praxis nur beschränkt tauglich, da die bestehenden finanziellen Spielräume häufig nicht ausreichen. Das Problem liegt nicht im allgemeinen Einkommensniveau der Hochschullehrer, sondern in der Begrenztheit der Möglichkeiten zu leistungsbezogenen Einkommensdifferenzierungen. Anstelle der früher üblichen Möglichkeiten der Vorweggewährung von Dienstalterszulagen, der Gewährung von Sondergrundgehältern, von Zuschüssen zum Grundgehalt und von Kolleggeldern sieht die Bundesbesoldungsordnung C für Hochschullehrer derzeit ein einheitliches System zur Vereinbarung von Zuschüssen bei Berufungen und Bleibeverhandlungen vor, das nur im Bereich der sogenannten Sonderzuschußplanstellen Spielraum gewährt. Bei den Zuschüssen nach Nr.1 der Anlage bestehen Höchstgrenzen für den Zugewinn, die in der Praxis zu Regelgewinnen geworden sind; dies bedeutet Verzicht auf leistungsgerechte Differenzierungen in diesem Bereich.
Seit dem 1. Januar 1985 sind Bleibeangebote auf 75 % des Berufungsangebots beschränkt. Hierdurch soll der Wettbewerbsvorteil ausgeglichen werden, den die Bleibeverhandlungen führende Hochschule dadurch hat, daß sie Zugewinne ohne die mit einem Ortswechsel verbundenen Nachteile anbieten kann. Teilweise wird jedoch befürchtet, daß die Regelung (für einzelne Hochschulen mit Standortnachteilen) wettbewerbshemmend wirken könnte. Die praktische Wirkung der Neuregelung muß daher nach angemessener Zeit geprüft werden.
Die Vergabepraxis der sogenannten Sonderzuschußplanstellen bei den C 4-Stellen läßt für die Berufung hervorragender Wissenschaftler besonders bei einzelnen Universitäten kaum Spielraum. Einkommensmöglichkeiten in der freien Wirtschaft für die Absolventen bestimmter Studienfächer so attraktiv sind, daß den an die wenig flexible Besoldungsordnung gebundenen Wissenschaftsverwaltungen die Konkurrenz selbst bei großzügigster Handhabung sehr schwer fällt.
Den Ländern stehen im Wettbewerb um Hochschullehrer weitere Instrumente zur Verfügung, von denen jedoch entweder kein oder aber nur unzureichend Gebrauch gemacht wird. In erster Linie ist hier an die Möglichkeit zu denken, die Lehrbelastungen für die Hochschullehrer stärker zu differenzieren. Die bestehende Freisemesterregelung wird allzu schematisch gehandhabt und nicht nach Wettbewerbskriterien eingesetzt; Rechenschaft über die Verwendung der Freisemester wird meist nicht gefordert und auch nicht gegeben. Hier bestehen Handlungsspielräume, die unzureichend genutzt werden. Innerhalb der Fakultäten ist es zwar in gewissem Umfang möglich, Zeiten für Forschung und Lehre zwischen den Fakultätsmitgliedern auszugleichen. Solche Möglichkeiten werden jedoch wegen der sich daraus ergebenden Belastung von Kollegen nur ungern in Anspruch genommen. Die Einrichtung von Professuren, bei denen die Lehrverpflichtungen mehr oder weniger zurückgenommen ist, wäre ein weiterreichendes Instrument zur Differenzierung, das von den Ländern bisher aber noch nicht genutzt worden ist.
(1) Die 1969 von Bund und Ländern beschlossene Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau folgt bei ihren Entscheidungen in der Rahmenplanung Vorgaben, für die Gesichtspunkte des Wettbewerbs keine bestimmende Rolle spielen. Hinzu kommt, daß bis in die jüngste Vergangenheit die für die angemeldeten Vorhaben benötigten Mittel weitgehend zur Verfügung standen und Verknappungserscheinungen unterhalb einer kritischen Grenze blieben. Wettbewerbswirkungen haben sich in Ansätzen bei der Gemeinschaftsfinanzierung von wissenschaftlichen Großgeräten gezeigt.
Bei der Ansiedlung von Forschungseinrichtungen an den Hochschulen stehen die Länder in Wettbewerb um Mittel des Bundes, von Stiftungen oder der gewerblichen Wirtschaft, wobei wissenschaftsbezogene Überlegungen häufig in Konkurrenz zu anderen treten, z.B. regionalpolitischen Erwägungen.
(2) Drittmittel stellen ein wesentliches Element für Differenzierung und Sicherung von Qualität in der Hochschulforschung und damit auch ein Instrument des Wettbewerbs dar19/1 Der Gestaltungsspielraum den das Hochschulrahmengesetz (§ 25 Abs 4) für die Verwaltung von Drittmitteln eröffnet, ist von den Ländern unterschiedlich genutzt worden Inwieweit sich aus diesen unterschiedlichen Regelungen der Länder für die Hochschulen im Wettbewerb Vor oder Nachteile ergeben ist im einzelnen schwer nachzuweisen. Daß restriktive gesetzliche Drittmittelregelungen einen negativen Einfluß haben, muß aber als wahrscheinlich angenommen werden.
Drittmittelregelungen sind ein Beispiel dafür, daß die Länder in ihrer Gesetzgebung wie in ihrer Verwaltungspraxis die Möglichkeit haben, ihre Hochschulen im Wettbewerb zu unterstützen. Daß diese Möglichkeiten bewußt und systematisch in einem Wettbewerb der Länder genutzt worden wären, läßt sich allgemein nicht sagen.
Das deutsche Hochschulsystem gibt dem in ein Professorenamt auf Lebenszeit berufenen Hochschullehrer eine sichere und auskömmliche Stellung. Es ist nicht zu übersehen, daß man sich in dieser Stellung verhältnismäßig bequem einrichten kann. Auch wenn die meisten Hochschullehrer das nicht tun – die Frage nach Wettbewerbsimpulsen gewinnt vor diesem Hintergrund besondere Bedeutung.
Fachwissenschaftliche Reputation wird national und international von der "scientific community" eines Faches begründet. Das geschieht nicht in allen Fächern gleich wirksam und überzeugend, insbesondere gibt es im nationalen und internationalen Zeitschriftenwesen beträchtliche Unterschiede, was Qualitätsanforderungen und Begutachtungsverfahren betrifft. Im deutschen Hochschulsystem wird Reputation überwiegend den einzelnen Hochschullehrern zugeschrieben und bezieht sich nahezu ausschließlich auf die Forschung. Mit dieser Feststellung sollen die vielfältigen Bemühungen um eine Verbesserung des Lehrangebots nicht verkannt werden. Reputation über den Ort hinaus wird jedoch vor allem durch Forschungsleistungen begründet; sie beeinflußt den Zugang zu den Mitteln, die über die Grundausstattung hinaus für Forschung zur Verfügung stehen. In diesem Rahmen kann man wohl insgesamt von einem funktionierenden individuellen Wettbewerb sprechen, auch wenn das Streben, sich durch Forschungsleistungen Anerkennung zu erwerben, nicht für jeden Hochschullehrer in gleicher Weise bestimmendes Motiv ist.
(1) Im Unterschied zu anderen westlichen Industrienationen wie Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika stellt in der Bundesrepublik Deutschland der Staat den Hochschullehrern Mittel für Lehre und Forschung als Grundausstattung zur Verfügung, um auf diese Weise die für eine wissenschaftliche Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet unerläßliche Mindestausstattung sicherzustellen. Die Wirkungen dieser Regelung sind uneinheitlich. Sofern die Grundausstattung den einzelnen Hochschullehrern prinzipiell in gleicher Höhe zur Verfügung gestellt wird ("Gießkannenprinzip"), gibt es keinerlei Wettbewerbsimpulse. Dies trifft vor allem für die die Lehre betreffenden Mittel der Grundausstattung zu. Inzwischen haben allerdings mehrere Hochschulen begonnen, eine an den tatsächlichen Leistungen und Belastungen in der Lehre orientierte, befristete Verteilung von Mitteln vorzunehmen, wie sie der Wissenschaftsrat seinerzeit vorgeschlagen hat20/1.
(2) Die vorhandenen Forschungsschwerpunkte in den Hochschulen zeigen, daß hinsichtlich der Mittel für die Forschung Möglichkeiten der Differenzierung bestehen und genutzt werden. Vermutlich wirkt sich darin die Praxis der Länder aus, im Einzelfall über die Grundausstattung hinaus zusätzliche Mittel für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Nur in wenigen Fällen ist bisher von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, aus Mitteln der Grundausstattung einen sogenannten Forschungspool zu bilden und hieraus Mittel für Forschung an einzelne Hochschullehrer unter Wettbewerbs- und Qualitätsgesichtspunkten zu vergeben20/2; das beruht vermutlich auf einer strukturell bedingten Entscheidungsschwäche des zuständigen Hochschulgremiums, die im übrigen nicht erst eine Folge des neueren Hochschulrechts wäre. Die Vergabe von Forschungsmitteln innerhalb einer Hochschule muß mit dem Problem fertig werden, daß sie bei der Entscheidungsfindung kaum auf fachkompetente Gutachter zurückgreifen kann, die nicht zugleich Fachbereichskollegen und potentielle Konkurrenten des Antragstellers sind.
Von der Höhe der Grundausstattung hängt auch ab, inwieweit einzelne Wissenschaftler von der Möglichkeit Gebrauch machen, für Forschungsprojekte Mittel einzuwerben, die mit einer Überprüfung der Qualität des Vorhabens verbunden sind und inwieweit von diesen Verfahren Wettbewerbswirkungen ausgehen. Eine vergleichweise knappe Grundausstattung wird sowohl den Anreiz erhöhen, Drittmittel einzuwerben, als auch bei vermehrter Anzahl von Anträgen zu der Notwendigkeit führen, Vorhaben ihrer Qualität nach gegeneinander abzuwägen.
(3) Die Verfahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Förderung von einzelnen Wissenschaftlern und Projekten (Normalverfahren, Forschergruppen) beziehen sich in der Hauptsache auf eine Einzelüberprüfung der wissenschaftlichen Qualität von Anträgen; der systematische Vergleich von Anträgen steht nicht im Vordergrund. Die Wirkungen dieser Verfahren im Hinblick auf den Wettbewerb zwischen Hochschullehrern sind deshalb vermutlich nicht sehr groß. Eine Abwägung mit konkurrierenden Vorhaben des gleichen Faches oder anderer Fächer findet vor allem in Schwerpunktverfahren der DFG statt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß bis vor kurzem ein beträchtlicher Teil der Anträge finanziell bedient werden konnte, so daß aus diesem Grunde eine schärfere Auslese und eine weitere Anhebung des Qualitätsniveaus nicht erforderlich waren. Diese Situation hat sich inzwischen infolge steigender Antragsvolumina und nicht weiter steigender Mittel zugunsten eines schärferen Wettbewerbs geändert. Ähnliches trifft für die Förderungsverfahren der großen Stiftungen zu.
Die Ausschreibungen und Förderungsprogramme von Bundes- und Länderministerien und der Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsverbände (AlF) sind primär an bestimmten Forschungszielen orientiert. Zur Förderung des Wettbewerbs zwischen den Hochschullehrern haben sie bisher nicht immer in dem Maße beigetragen, wie es möglich und wünschenswert wäre, sei es, weil sie zu eng formuliert waren, sei es, daß auf unabhängige fachliche Begutachtung nicht genügend Bedacht genommen wurde.
Um den "applausus" der Studenten wetteiferten die häufig nur kärglich salarierten Professoren der alten deutschen Universität von jeher und mit mancherlei Mitteln – es zahlte sich in barer Münze aus. Heute bestehen im Deutschen Hochschulsystem keine materiellen Anreize für die freiwillige Übernahme zusätzlicher Lehrleistungen, da die Bezüge der Hochschullehrer seit dem Wegfall der von der Hörerzahl abhängigen Kolleggelder keine variablen, leistungsabhängigen Bestandteile mehr enthalten. Auch die personalbezogenen "Überlastmittel" werden nicht als Anreiz für zusätzliche Lehrleistungen eingesetzt. Da Reputation über Leistungen in der Lehre kaum erworben werden kann, fehlt es auch an anderen Motiven zu besonderem Engagement in der Lehre.
Demgegenüber stehen z.B. im amerikanischen Hochschulsystem die Beiträge der einzelnen Hochschullehrer zum Lehrangebot der Hochschule sehr viel mehr im Vordergrund der Interessen und werden regelmäßig bewertet. In dieses Verfahren zur Bewertung der Lehrleistungen sind auch die – allerdings selbst zahlenden und von den Hochschulen ausgewählten – Studenten einbezogen, die nach jedem Semester anhand eines strukturierten Fragebogens ihre Einschätzung der Lehrveranstaltungen abgeben. Daneben werden an einigen Hochschulen auch Preise für den erfolgreichsten Hochschullehrer eines akademischen Jahres verliehen.
Darüber hinaus kennen ausländische Hochschulen die Regelung, daß die Einkommen der Hochschullehrer feste und variable Bestandteile enthalten. Den auf Dauer eingestellten Hochschullehrern ("tenure") wird ein fester Einkommenssockel vertraglich zugesichert, der von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich sein kann. Darüber hinausgehende Einkommensbestandteile oder -erhöhungen müssen in bestimmten Abständen mit der Hochschulleitung mit Blick auf die Leistungen in Lehre und Forschung neu verhandelt werden. Diese Aufteilung in feste und variable Bestandteile hat einen Leistungsanreizcharakter, der für die Funktionsweise z.B. des amerikanischen Hochschulsystems eine wichtige Rolle spielt, dem deutschen System der Hochschullehrerbesoldung aber fremd ist.
Wettbewerb zwischen Studenten um qualifizierte Studienplätze und um Förderung findet im deutschen Hochschulsystem kaum statt. Wettbewerb um qualifizierte Studienplätze setzt voraus, daß solche Plätze nach Leistungskriterien vergeben werden, Transparenz hinsichtlich der Lehrleistungen der Hochschulen besteht und die Studenten bei ihrer Studienplatzentscheidung auch Qualitätsmerkmale einbeziehen. Diese Voraussetzung sind im deutschen Hochschulsystem nicht erfüllt. In Fächern mit Zulassungsbeschränkungen werden die Studienplätze zentral und durchweg ohne Berücksichtigung von qualitativen Gesichtspunkten vergeben (vgl. S.ll f.). Die meisten Studenten haben bei ihrer Bewerbung um einen Studienplatz bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) auch keine konkreten Vorstellungen von der Qualität des von ihnen gewählten Lehrangebots und beziehen dieses Kriterium in ihre Studienplatzwahl nur in sehr geringem Maße ein. Die Entscheidung für eine Hochschule unter dem Gesichtspunkt der Nähe zum Wohnort zu treffen und an der einmal gewählten Hochschule bis zum Abschluß des Studiums und gar der Promotion zu verbleiben, ist – aus welchen Gründen auch immer – verbreitet. Der Wissenschaftsrat sieht mit Sorge, daß auch strukturelle und administrative Hindernisse (gegenseitige Anerkennung von Staatsprüfungen, Vergabe von Auslandsstipendien im grundständigen Studium, Äquivalenzprüfungen) die Mobilität der Studenten behindern. Hinzu kommt, daß infolge mangelnder Transparenz auch der Arbeitsmarkt die Leistungen der Hochschulen in der Regel nicht zu differenzieren und zu honorieren vermag und deshalb vom Beschäftigungssystem zu wenig präferenzstrukturierende Wirkungen ausgehen.
Während des Studiums ist der Zugang zu den Lehrveranstaltungen überwiegend durch Vorschriften der Studien und Prüfungsordnungen festgelegt. Besondere Lehrangebote für besonders befähigte und motivierte Studenten sind in den Prüfungs- und Studienordnungen nicht vorgesehen und werden nur selten tatsächlich angeboten.
Ein wichtiges Instrument zur Stimulierung von Wettbewerb unter den Studenten ist die Leistungsbewertung mit Hilfe des Notensystems. Tendenzen zur Diskreditierung von Prüfungen und Noten, die in den 70er Jahren in manchen Fachbereichen wirksam geworden sind, haben im deutschen Hochschulsystem ihre Spuren hinterlassen. Wo jedermann "sehr gute" oder "gute" Leistungen bescheinigt werden, wird die Anerkennung von Leistung verweigert Wo die Anerkennung von Leistung verweigert wird, wird Leistungsmotivation beeinträchtigt. Auch verlieren die berufsqualifizierenden Abgangszeugnisse ihren Informationswert, was dazu führen muß, daß Institutionen, die Hochschulabsolventen einstellen, eigene Aufnahmeprüfungen entwickeln.
Die Zielsetzung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes für Studenten ist überwiegend sozialpolitischer Natur, Leistungsgesichtspunkte spielen eine ergänzende Rolle (z.B. Bonus bei guten Prüfungsleistungen). Die Stipendien der Graduiertenförderung der Länder werden aufgrund nachgewiesener Qualifikationen. fachlicher Gutachten und bereits vorliegender Arbeitsergebnisse, d.h. nach wettbewerbswirksamen Gesichtspunkten vergeben. Eindeutig bestimmend sind wettbewerbswirksame Leistungsgesichtspunkte auch bei der Vergabe der Förderungsmittel der Begabtenförderungswerke. Nicht ihrem Zweck, aber ihrer Wirkung nach ist auch die Vergabe der Mittel für studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte wettbewerbswirksam.
Ziel der folgenden Empfehlungen ist es, den Wettbewerb zu beleben und damit die deutschen Hochschulen leistungsfähiger zu machen. Dabei erscheint es dem Wissenschaftsrat nicht sinnvoll, das Modell eines wettbewerbsintensiven Hochschulsystems am Reißbrett zu entwerfen und dieses Modell den Wissenschaftsverwaltungen und den Hochschulen als Muster zu präsentieren. Es kann nicht darum gehen das bestehende, traditionsreiche Hochschulsystem in allen seinen Strukturen in Frage zu stellen. Die Aufgabe ist vielmehr die, Entwicklungen einzuleiten, die Schritt für Schritt auf das Ziel lebhafteren Wettbewerbs hinzuführen. Dieses Ziel wird allerdings nicht ohne Änderungen am Status quo zu erreichen sein. Die Empfehlungen zielen in einzelnen Punkten auf die Änderung geltenden Rechtes. Überwiegend aber geht es um die Ausnutzung von Spielräumen, die jetzt schon gegeben sind.
Der Wissenschaftsrat geht davon aus, daß seine Vorschläge, soweit sie den Einsatz finanzieller Mittel notwendig machen, primär durch Umverteilung innerhalb der einzelnen Hochschulen und des Hochschulbereichs sowie über die Einwerbung von Drittmitteln – von staatlicher Seite, von Stiftungen, von der gewerblichen Wirtschaft – finanziert werden können und sollen. Dabei wird nicht übersehen, daß es in einzelnen Fällen nicht ohne zusätzliche Mittel aus dem Wissenschaftsetat gehen wird – sie sollten aber nur in Ausnahmefällen und als Starthilfe gewährt werden.
Wichtiger als zusätzliche Mittel ist der Mut zu Entscheidungen, die nicht nur Zustimmung finden werden. Das betrifft sowohl die Selbstverwaltungsorgane der Hochschulen als auch die staatliche Wissenschaftsverwaltung. Insbesondere soweit es um die Neuzuteilung von Ressourcen, aber auch um die Aufgabe von Kontroll- und Steuerungsrechten geht, sind Widerstände zu erwarten. Mehr Wettbewerb wird nur zu haben sein, wenn man entschlossen ist, an diesem Ziel auch gegen Widerstände festzuhalten.
Die Empfehlungen sind unter den folgenden vier Gesichtspunkten gebündelt worden:
Transparenz als Voraussetzung für Wettbewerb (III. 1.)
Leistungsanreize für Hochschullehrer (III. 2.)
Schwerpunktbildung im Hochschulsystem und in den Hochschulen (III. 3.)
Wettbewerb um Studenten (III. 4.)
Transparenz ist, wie oben dargelegt, eine entscheidende Voraussetzung für alle Formen des Wettbewerbs. Leistungstransparenz bringt den Wettbewerb um Reputation in Gang. Und der Wettbewerb um Reputation zieht andere Formen des Wettbewerbs nach sich. Mit der Herstellung von Transparenz kann und sollte die Belebung des Wettbewerbs also einsetzen.
In einem Hochschulsystem, das bisher wenig Transparenz gekannt hat, wird jeder Vorschlag, mit der Forderung nach Transparenz ernst zu machen und Leistungen öffentlich vergleichend zu beurteilen, auf Widerspruch stoßen. Jeder Widerspruch wird auch einige plausible Argumente zur Hand haben. Aber die Erfahrungen anderer Länder zeigen, daß im Vergleich von Leistungsniveau und Leistungsprofil gleicher Fächer an verschiedenen Hochschulen Urteile möglich sind, die nicht willkürlich sind. Angesichts der konstitutiven Bedeutung von Transparenz für den Wettbewerb ist es daher folgerichtig, die Initiative zu ergreifen und einen Anfang zu machen. Umstrittene Beurteilungen und Einstufungen werden zu einer Diskussion führen, die zu einer Korrektur im Einzelfall führen kann und zu einer Verbesserung der Methoden führen sollte. Wichtig ist, daß einzelne Hochschulen mit der Herstellung von Transparenz beginnen. Je weiter der Prozeß fortschreitet, um so nachdrücklicher wird der Anreiz sein, sich nicht auszuschließen.
Für die Hochschulen wird es zunehmend wichtig werden, sich in ihren Leistungen und Angeboten gegenüber der allgemeinen und der Fachöffentlichkeit mit strukturierten Informationen darzustellen und zu profilieren. Für eine aktive Administration der einzelnen Hochschulen, z.B. bei der Einwerbung von Drittmitteln oder der Gewinnung von Studenten, ist das eine notwendige Voraussetzung.
Hierbei geht es nicht um möglichst große Vollständigkeit der Informationen und schon gar nicht darum, einen Apparat zur Erhebung neuer Daten aufzubauen. Ziel ist vielmehr, bestimmte, für eine Hochschule bedeutsame und charakteristische Informationen übersichtlich und prägnant zusammenzustellen, so daß sie für einen Vergleich in geeigneter Form verfügbar sind und veröffentlicht werden können.
Für Teilbereiche der Forschung leisten das mit unterschiedlichem Erfolg die Forschungsberichte einzelner Hochschulen. Dieses bereits seit längerem gehandhabte Instrument der regelmäßigen Unterrichtung sollte zielbewußt weiter entwickelt und von allen Hochschulen in seiner informativen Bedeutung erkannt und genutzt werden. Auf die 1980 vom Wissenschaftsrat verabschiedete "Empfehlung zur Forschungsberichterstattung der Hochschulen"25/1 wird verwiesen.
Für die Selbstdarstellung einer Hochschule sind vor allem die folgenden Angaben wichtig, jeweils gegliedert nach Fakultäten/Fachbereichen:
Personalzahlen (C 4/C 3-Stellen, sonstiges wissenschaftliches Personal, nichtwissenschaftliches Personal)
Zahl der Studenten insgesamt und der Studienanfänger
Relation Professoren/Studienanfänger/Studenten
abgelegte Prüfungen (darunter nicht bestandene) und Studiendauer
Notenspiegel der akademischen und der staatlichen Prüfungsämter
Zahl der Promotionen und Habilitationen (soweit nicht im Forschungsbericht enthalten)
herausragende Herausgeber- und Gutachtertätigkeiten; Mitgliedschaften in überregionalen Wissenschaftsgremien; Zahl der Humboldt-Stipendiaten; Preise und Auszeichnungen
Berufungsbilanzen
Sonderforschungsbereiche und andere institutionalisierte Forschungsschwerpunkte
Drittmittel25/2
Diese Informationen liegen bei den Hochschulen vor und müssen nur mehr zweckentsprechend aufbereitet werden.
Die Angaben sollten ergänzt werden durch eine Selbsteinschätzung der Fakultäten/Fachbereiche hinsichtlich ihrer spezifischen Schwerpunkte und Stärken sowohl in der Lehre als auch in der Forschung.
Aufschluß über Studium und Lehre an den einzelnen Hochschulen geben auch die Benotungen der Studien- und Prüfungsleistungen sowie die Fachstudiendauer. Deshalb sollten Zeugnisse in Zukunft Auskunft über die Notenverteilung sowie die Fachstudiendauer des Studenten/Absolventen und die durchschnittliche Fachstudiendauer am Ort geben.
Eine wichtige Information sind ferner Angaben über den Verbleib der Hochschulabsolventen, sogenannte "Absolventenberichte". So schwierig die Erarbeitung solcher Berichte, vor allem in der Anfangsphase, auch sein mag, sie wären für die Hochschulen selbst wie für die Öffentlichkeit gleichermaßen von großem Interesse. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, daß sich die Hochschulen dieser Aufgabe zuwenden.
Zureichende Daten über den Studienverlauf (Übergangs-, Erfolgs- und Abbruchquoten) stehen nicht zur Verfügung. Die notwendigen Erhebungen treffen zunehmend auf Bedenken und Einwände des Datenschutzes, die jetzt vor allem aus dem Urteil des Bundesverfasssungsgerichts vom 15.12.1983 zum Volkszählungsgesetz abgeleitet werden. Der Wissenschaftsrat macht darauf aufmerksam, daß den Bemühungen um gesteigerten Wettbewerb und damit um die Leistungsfähigkeit der Hochschulen der Boden entzogen wird, wenn die Bedingungen zureichender Transparenz nicht erfüllt werden.
Die genannten Informationen müssen aufbereitet, fortgeschrieben und in angemessenen Abständen veröffentlicht werden. Der Wissenschaftsrat empfiehlt.
daß die einzelnen Hochschulen die Aufgabe knapper, informativer, regelmäßiger Selbstdarstellung übernehmen,
daß darüber hinaus für einzelne Fächer die entsprechenden Angaben bundesweit zusammengefaßt und publiziert werden; der Wissenschaftsrat bittet die Westdeutsche Rektorenkonferenz, sich dieser Aufgabe – auch in Verbindung mit Fachverlagen – anzunehmen.
Mit der Aufbereitung und der Veröffentlichung solcher Informationen ist es nicht getan. Als nächster Schritt muß deren Bewertung durch die "scientific community" hinzutreten. Vielfältige Initiativen sind erwünscht. Insbesondere Fachöffentlichkeiten und Fachzeitschriften sind hier vor eine Aufgabe von weittragender Bedeutung gestellt. Diese Aufgabe liegt insbesondere in der Verantwortung der Fachgesellschaften. Sie wird keineswegs schon in allen Fächern befriedigend erfüllt. Aber auch die Wissenschaftsreferate der Presse und anderer Medien können dabei eine wichtige Rolle spielen.
Wichtig ist, daß es sinnvollerweise nur Fächer sein können die beurteilt werden, nicht ganze Hochschulen. Wichtig ist ferner, daß einzelne Indikatoren nicht überbewertet, Beurteilungen vielmehr auf eine Vielzahl unterschiedlicher Indikatoren gegründet werden. Auch erscheint es nicht erforderlich, auf eine Rangordnung abzuzielen in der jeder Fachbereich seinen bestimmten Platz hat Ranggruppen durften genügen. Zur Klärung von Einzelfragen, z.B. Index und Erhebungsproblemen sollten Forschungsauftrage vom Staat und von Stiftungen vergeben werden. Für das Bewertungsverfahren können Methoden des ranking, die das amerikanische Hochschulsystem entwickelt hat, Hinweise geben. Werden Daten, Verfahren und Einschätzungen angefochten, so sollten solche – zumal anfangs nicht zu vermeidende – Einwendungen primär als Anregung zu vermehrter und vertiefter Diskussion aufgenommen werden.
Ungeachtet der Nützlichkeit vielfältiger Initiativen wird es notwendig sein sicherzustellen, daß die Versuche nicht im Sande verlaufen. Der Wissenschaftsrat wird sich mit der Frage beschäftigen, auf welchem Wege eine öffentlich vergleichende Leistungsbewertung in Gang zu bringen ist, und hierbei erste Ergebnisse und Erfahrungen berücksichtigen.
Nach einer Anlaufphase sollten die Bewertungen zuteilungswirksam werden, d.h. bei der Zuweisung von Ressourcen als Entscheidungskriterium mit herangezogen werden. Eine andere Art der Wirksamkeit würde sich dann entwickeln, wenn Studenten begännen, sich bei der Wahl der Hochschule an der Einstufung der Fachbereiche zu orientieren.
Unabhängig von Verfahren allgemeiner vergleichender Bewertung sollten Hochschulen aus besonderem Anlaß, etwa wenn es um die Vorbereitung neuer Schwerpunkte oder die Verkleinerung von Fachbereichen oder Instituten geht, den Rat auswärtiger Fachleute einholen und für ihre Strukturentscheidungen nutzen.
Die Frage, in welchem Umfang die skizzierten Bewertungen zusätzliche Gutachterkapazität beanspruchen, wird hier offengelassen. Sie kann auch nicht allein unter den Aspekten dieses Verfahrens diskutiert werden, sondern muß im Zusammenhang mit den vielfältigen anderen, im Laufe der Jahre enorm gewachsenen Anforderungen an wissenschaftliche Begutachtung gesehen werden.
Im deutschen Hochschulsystem ist der bei weitem wichtigste Mechanismus der Anerkennung und Belohnung von individueller Leistung das Berufungsverfahren. Wenn das Ziel ist, Leistungsanreize für Hochschullehrer zu verstärken, so muß man folglich der deutschen Universitätstradition gemäß beim Berufungswesen ansetzen. Je größer das Interesse der Hochschullehrer ist, im Laufe ihres beruflichen Lebens nicht nur einen, sondern mehrere Rufe zu erhalten desto stärkere Leistungsimpulse sind in das System gleichsam eingebaut. Es kommt also darauf an, das Berufungswesen so auszugestalten, daß es seine Aufgabe, leistungsstimulierend zu wirken, optimal erfüllen kann. Das setzt u.a. voraus, daß die Handlungsspielräume für Länder, Hochschulen und Fakultäten/Fachbereiche erweitert werden.
Im einzelnen empfiehlt der Wissenschaftsrat:
Das Berufungsverfahren sollte eine Bewerbung zwar prinzipiell vorsehen, die Berufbarkeit aber nicht strikt an eine vorgängige Bewerbung binden. Zu den unverzichtbaren Aufgaben der Fakultäten/ Fachbereiche gehört, daß sie aufgrund ihrer fachlichen Verantwortung und Kompetenz aus eigenem Antrieb nach besonders qualifizierten Kräften Ausschau halten; sie müssen dann auch ohne besondere Begründung jemanden für die Berufung vorschlagen können, der sich nicht beworben hat.
Die Begrenzung des Berufungsalters sollte flexibler gestaltet werden. Sie bedeutet, daß ein Hochschullehrer nur in einem relativ kurzen Abschnitt seines beruflichen Lebens' überhaupt berufbar ist. Sie nimmt dem Hochschullehrer früh einen wichtigen Leistungsimpuls. Die Grenze ist darüber hinaus auch deshalb nicht sinnvoll, weil auch eine auf wenige Jahre beschränkte Tätigkeit eines Hochschullehrers an neuem Ort für die betreffende Hochschule ebenso fruchtbar sein kann wie für die wissenschaftliche Arbeit des Hochschullehrers. Eine wesentliche Verschiebung finanzieller Lasten zwischen den Ländern ist nicht zu erwarten. Die Pensionslasten sollten von den Ländern anteilig getragen werden.
Der Wissenschaftsrat hat auch die Frage erörtert, ob Erstberufungen grundsätzlich nur für einen befristeten Zeitraum – etwa für sechs Jahre – ausgesprochen werden sollten. Eine solche Regelung würde in den gegebenen deutschen Verhältnissen eine Ausnahmeregelung darstellen. Eine Ausnahmeregelung für Hochschullehrer ließe sich vielleicht rechtfertigen. Aber sie hätte vermutlich den kontraproduktiven Effekt, gerade qualifizierte junge Wissenschaftler von der Hochschullehrerlaufbahn abzuschrecken. Der Wissenschaftsrat empfiehlt diese Regelung deshalb nicht.
Es sollte geprüft werden, ob auch im Bereich der Zuschüsse nach Nr.1 der Anlage im Rahmen eines zentralen Besoldungsfonds die persönlichen Bezüge eines Hochschullehrers bei Berufung jeweils von Fall zu Fall vereinbart werden können. Es könnte sichergestellt werden, daß hierdurch keine Mehrkosten entstehen, z.B. durch Orientierung des Gesamtaufwands für Zuschüsse nach Nr. 1 an einem auf der Grundlage der geltenden Regelungen zu errechnenden Durchschnittswert wie dies bereits im Bereich der Sonderzuschußplanstellen praktiziert wird, wo keine genauen Fixierungen möglicher Zugewinne bestehen. Hierzu müßten allerdings die einschlägigen Gesetze geändert werden.
Für besondere Leistungen in der Forschung, vor allem aber auch in der Lehre sowie in der Wahrnehmung anderer Aufgaben sollten Auszeichnungen ausgesetzt werden, die – etwa einmal jährlich – auf Vorschlag einer Hochschule vom Wissenschaftsminister vergeben werden. Es sollte für jede Hochschule eine nennenswerte Anzahl nicht nur symbolisch dotierter Preise zur Verfügung stehen, so daß von der jährlichen Vergabe ein wirklicher Leistungsanreiz ausgeht. Der Wissenschaftsrat hat auch die Frage erörtert, ob für besondere Leistungen Zulagen auf Zeit gewährt werden sollten, die Frage jedoch zuletzt verneint. Er ist der Auffassung, daß die vorgeschlagenen Auszeichnungen sich zumal angesichts der gegebenen Rahmenbedingungen des Besoldungsrechtes leichter handhaben lassen. Zudem lehrt die Erfahrung, daß ein Zulagensystem eine Tendenz der Nivellierung nach oben auslöst. Der Wissenschaftsrat ist sich bewußt, daß eine derartige Regelung grundsätzliche Fragen des Besoldungsrechts aufwirft, die eingehend geprüft werden mußten.
Die Lehrverpflichtungen sollten differenzierter zugemessen werden können als bisher. Die Regelzuweisung von Freisemestern muß nach wie vor zur Grundausstattung eines Hochschullehrers gehören, es sollte aber genügen, wenn Freisemester künftig in einem Abstand von fünf Jahren gewährt werden. Das auf diese Weise entstehende "Guthaben" sollten die Hochschulen nutzen können, um auf Antrag auch im Rahmen von Berufungsverhandlungen Deputatsminderungen auf Zeit zu gewähren.
Die Länder sollten ferner vorsehen, in Einzelfällen für die Wahrnehmung besonderer Forschungsvorhaben eine zusätzliche C 4/C 3-Stelle mit erheblich reduziertem Lehrdeputat (zwei Semesterwochenstunden) auf die Dauer von bis zu fünf Jahren zur Verfügung zu stellen ("Forschungsprofessur"). Der auf eine solche Stelle zu Berufende wird für die vorgesehene Zeit beurlaubt. Aus seiner Stelle kann eine Vertretung finanziert werden. Die Vergabe einer solchen Stelle sollte auf Antrag der Hochschule vom Land vorgenommen werden.
Schließlich sollten die Länder in besonderen Fällen – z. B. Einführung eines neuen Fachgebiets mit erheblichem Forschungsbedarf – Stellen für Hochschullehrer einrichten, deren Lehrverpflichtungen für eine Anfangsphase von einigen Jahren stark reduziert sind.
Soweit gegen eine solche Differenzierung der Lehrverpflichtungen Numerus clausus-Regelungen ins Feld geführt werden, ist darauf aufmerksam zu machen, daß gerade Numerus clausus-Fächer Gefahr laufen, wissenschaftlich auszutrocknen. Die Numerus clausus-Regelungen sollten deshalb so geändert werden, daß gegebenenfalls auch in Numerus clausus-Fächern die Lehrverpflichtungen in der vorgeschlagenen Weise differenziert werden können.
Anders als beim Einkommen und bei der Forschungszeit ist bei den Forschungsmitteln bereits jetzt eine relativ starke Differenzierung gegeben. Sie ergibt sich nicht zuletzt durch die Drittmittel, insbesondere auch die der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Gleichwohl sind die Grundausstattungen an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich nach wie vor bemerkenswert hoch. Der Wissenschaftsrat geht deshalb davon aus, daß es noch Spielräume für eine Akzentverschiebung von der Grundausstattung zu leistungsorientierter Ausstattung gibt, und empfiehlt, die Ausstattung noch stärker von erwiesener Leistung abhängig zu machen. Die Hochschulen sollten dazu übergehen, hochschuleigene Verfügungsfonds zu bilden, aus denen eine besondere Ausstattung, und zwar jeweils auf Zeit, vergeben werden kann30/1. Mit der zeitlichen Begrenzung wird dem Entstehen unantastbarer Besitzstände, zu denen das frühere System der Berufungszusagen führte, der Boden entzogen. In einzelnen Hochschulen hat sich ein solches Verfahren bereits seit längerer Zeit bewährt30/2. Es kommt nicht nur der Berufungspolitik zugute, sondern ermöglicht ganz allgemein eine effizientere Forschungsförderung. Wo noch nicht so vorgegangen wird, sollte in den Hochschulen ein Gremium bestellt und mit dieser Aufgabe betraut werden. Seine Mitglieder sollten vom Präsidenten/Rektor berufen werden. Bei ihrer Auswahl ist keineswegs eine gleichmäßige Vertretung der Fächer anzustreben, ebensowenig sollten Träger anderer Selbstverwaltungsfunktionen der Hochschule Mitglieder sein. Es empfiehlt sich, einzelne auswärtige Wissenschaftler hinzuzuziehen. Regelmäßig sollte der Kanzler der Hochschule dem Gremium angehören.
Eine Grundausstattung für die Forschung muß in jedem Fall erhalten bleiben. Sie hat auch für den Wettbewerb eine wichtige Funktion. Außerdem ist zu beachten, daß es verschiedene Formen differentieller Ausstattung gibt. Die Bewilligung von Mitteln für Projekte, die den bewilligenden Instanzen in Gestalt ausgearbeiteter Forschungspläne vorgelegt werden, ist nur eine Form. Eine andere ist die, Forschern, deren wissenschaftlicher Rang, deren wissenschaftliche Kreativität außer Zweifel steht, Mittel auf Zeit zur Vcrfügung zu stellen, ohne einen Projektantrag zur Voraussetzung zu machen. Die Vergabe von Mitteln auf der Basis von Vertrauen, das nicht leichtfertig gewährt wird, könnte eine wichtige Ergänzung eines einseitig projektorientierten Mitteleinsatzes sein30/3.
Die Bestimmungen im Hochschulrahmengesetz und in den Hochschulgesetzen der Länder, die Ausstattungszusagen an geltende Ausstattungspläne binden, sollten gestrichen werden. Solche Ausstattungspläne hat es faktisch ohnehin nur in Ansätzen gegeben, gleichwohl haben die betreffenden Gesetzespassagen flexibilitätshemmend gewirkt.
Hier ist ferner an die Empfehlung des Wissenschaftsrates zu erinnern, daß Einnahmen der Hochschulen diesen ungeschmälert zufließen sollten (z.B. aus Vermietung von Räumen, Entgelten für die Nutzung von Sportstätten, Sprachlabors, wissenschaftlichen Sammlungen, Leistungen für Dritte, Gebühren für Weiterbildungsveranstaltungen, Nebentätigkeiten von Hochschulangehörigen). Solche Einnahmen sollten u. a. auch für die Verfügungsfonds genutzt werden31/1.
Schwerpunktbildung zielt auf Differenzierung. Die Hochschulen sollten auf Feldern, auf denen sie ihre Chancen besonders hoch einschätzen Leistungszentren mit einem spezifischen Profil und von hervorragendem Rang aufbauen. Zunächst und vor allem geht es um Leistungszentren der Forschung. Aber zur Schwerpunktbildung kann und sollte auch die Profilbildung in der Lehre, das Angebot spezifischer Leistungen in der Lehre gehören. Dabei ist vor allem an die Graduiertenstudien zu denken (vgl. S.33). Aber auch schon für das Hauptstudium ist es in der Regel sinnvoll, vorhandene Forschungsschwerpunkte in der Ausbildung wirksam werden zu lassen. Schwerpunkte sollten durch eine besonders enge Wechselwirkung zwischen Forschung und Lehre schon im Hauptstudium gekennzeichnet sein.
Schwerpunktbildung bezweckt Konzentration der Ressourcen dort wo Qualität ist oder Qualität entsteht. Konzentration von Ressourcen wird zu einem Instrument des Wettbewerbs, wenn alle eine Chance erhalten durch Leistung Schwerpunkte aufzubauen. Ziel gerade einer wettbewerbsorientierten Konzeption von Schwerpunktbildung sind also nicht wenige Spitzenuniversitäten, sondern Leistungszentren in einem Fach oder einigen Fächern an möglichst vielen Hochschulen. Zu einer Konzentration der Ressourcen auf wenige Hochschulen, deren Folge es sein könnte, daß Provinzen der Mittelmäßigkeit entstehen, darf es nicht kommen.
Schwerpunktbildung als eine sich durch Wettbewerb vollziehende Konzentration sachlicher Ressourcen ist mit dem Wettbewerb der Hochschulen um Wissenschaftler und Studenten eng verknüpft. Eine überlegte qualitätsorientierte Berufungspolitik hat für die Schwerpunktbildung Schlüsselbedeutung. Ressourcen sollten dort konzentriert werden wo die besten Wissenschaftler und die besten Studenten sind.
Schwerpunkte entstehen aus der Initiative einzelner Hochschullehrer und sind auf diese angewiesen. Notwendig sind allerdings auch flankierende Maßnahmen. Hierzu empfiehlt der Wissenschaftsrat:
Bund und Länder sollten die Bildung von Schwerpunkten zielstrebig unter Gesichtspunkten des Wettbewerbs unterstützen.
Schwerpunktbildungen sind nur möglich, wenn in gewissem Umfang Mittel für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Das ist auf verschiedene Weise möglich, z. B. durch Mittel aus einem zentralen Verfügungsfonds der Hochschule (vgl. S. 30), durch Mittel, die aus Umschichtungen/Umwidmungen innerhalb einer Hochschule oder den Hochschulen eines Landes frei werden. Wichtig ist, daß die Hochschulen selbst Initiativen ergreifen und mit einem eigenen Beitrag den Anfang machen. Für die Entstehung und Entwicklung von Schwerpunkten spielen außerdem – seit langem schon – Drittmittel verschiedener Herkunft eine hervorragende Rolle. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Stiftungen, verschiedene Ressorts der Bundes- und Landesregierungen sind hier ebenso zu nennen wie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Für die Schwerpunktbildung sollte künftig die Einwerbung von Drittmitteln in einem leistungsorientierten Wettbewerbsverfahren noch stärker genutzt werden. Einen regelrechten Entwicklungsschub erfahren Ansätze der Schwerpunktbildung, wenn ein Sonderforschungsbereich eingerichtet wird.
Die über das unmittelbare Forschungsinstrumentarium eines Schwerpunktes hinaus benötigten Mittel für z.B. Gastprofessuren und Reisen sind ebenfalls zu berücksichtigen und in dem angemessenen Umfang zur Verfügung zu stellen. Besonders wichtig ist die Ausstattung von Schwerpunkten mit Graduiertenstipendien. Auf die Einrichtung von Professuren mit reduzierter Lehrverpflichtung ("Forschungsprofessuren") an Schwerpunkten wurde bereits hingewiesen (S. 29).
Unter Forschungsaspekten, aber auch für spezifische Aufgaben in der Lehre können Stiftungslehrstühle zur Bildung von Schwerpunkten hilfreich sein. Der Stiftung einer Professur sollte ein langfristiges, wissenschaftlich begründetes Konzept zugrunde liegen, das auf neue Entwicklungen, Ansätze, wichtige Ergänzungen vorhandener Projekte und Lehrangebote der Hochschulen abzielt. Ziel einer Stiftungsprofessur kann es nicht sein, für die Bewältigung der zeitlich beschränkten Lehrbelastungen der Hochschulen (sogenannte Überlast) aufzukommen. Ebensowenig kommt in Betracht, die Stiftungsprofessur dazu zu nutzen, staatliche Einschränkungen (z.B. Stellen-, Haushaltssperren usw.) aufzufangen. Es wird Sache des Einzelfalles sein, in welchem Umfang vom Stifter die Grundausstattung der Professur (Stellen und Sachmittel) getragen wird. Fehlt eine Übernahmeverpflichtung der Hochschule oder des Landes oder reichen die Mittel des Stifters nicht für eine ausreichende Stiftungszeit aus, so ist die Einrichtung einer Stiftungsprofessur nicht zu empfehlen. Es sollten dann andere Wege gesucht werden (z.B. Gastprofessur, Forschergruppe).
Schwerpunkte müssen sich durch Leistung bewähren, die eingesetzten Ressourcen müssen daher grundsätzlich transferierbar bleiben Auch wenn das bei großen Investitionen nicht in kurzen Fristen geschehen kann, bleibt die Offenheit des Systems doch von grundlegender Bedeutung.
Die Möglichkeiten eines vorübergehenden Wechsels zwischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen außerhalb der Hochschulen einschließlich der gewerblichen Wirtschaft sollten weiter ausgebaut werden. Auf alle Fälle sollten die vorhandenen Regelungen so gehandhabt werden, daß sie ohne größeren administrativen Aufwand genutzt werden können. Eine höhere Mobilität ist für die Schwerpunktbildung und das Funktionieren von Schwerpunkten eine wesentliche Bedingung.
Ein Instrument zum Aufbau von Schwerpunkten kann die Einrichtung von postgradualen Studien sein. Mit ihrer Konzeption beschäftigt sich der Wissenschaftsrat anderer Stelle. Nach Verabschiedung der betreffenden Empfehlung können postgraduale Studien auch im Rahmen dieser Empfehlung eine Rolle spielen.
Wettbewerb um Studenten wird vielfach als besonders wichtige Form des Wettbewerbs zwischen den Hochschulen angesehen33/1.
(1) Leistungsstimulierend kann ein solcher Wettbewerb nur wirken, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind: Bei den Studenten muß das Interesse, an einem möglichst guten und angesehenen Fachbereich zu studieren, bestimmendes Motiv bei der Wahl der Hochschule sein. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Arbeitsmarkt das Studium an solchen Fachbereichen honoriert. Studenten und Arbeitsmarkt können sich so nur verhalten, wenn im Hochschulbereich ein hohes Maß an Leistungstransparenz gegeben ist und individuelle Leistungsprofile ausgebildet sind, was wiederum voraussetzt, daß die Fakultäten/Fachbereiche ihr Ausbildungsangebot also Studien und Prüfungsordnungen in den Grenzen vorgegebener Rahmenbedingungen selbst konzipieren. Diese Voraussetzungen sind gegenwärtig nicht oder nur sehr eingeschränkt gegeben. Sie können auch nicht von heute auf morgen geschaffen werden. Wettbewerb um Studenten läßt sich also nicht unmittelbar, sondern nur über den Aufbau seiner Voraussetzungen in Gang bringen.
Die derzeit gegebene Relation zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach Studienplätzen weist in die gleiche Richtung. Zwar sind auch gegenwärtig keineswegs alle Hochschulen und alle Fächer ausgelastet oder gar überlastet, es gibt solche, die sich um Studenten mühen müssen. Manche Neugründungen haben gerade dadurch ein Leistungsprofil entwickelt. Aber ihre Bemühungen prägen nicht das Gesamtsystem. Trotz der Ungunst der Verhältnisse wäre der Schluß, man könne und solle das Thema auf die 90er Jahre vertagen, verfehlt. Wettbewerb um Studenten ist ein Schlüsselelement in einem funktionierenden Hochschulsystem, das man aus den Überlegungen nicht einfach ausklammern kann. Zumal die Hochschulen selbst sind gut beraten, wenn sie im Blick auf die Entwicklung der Studienanfängerzahlen schon heute ihre Wettbewerbswirksamkeit zum Thema der Selbstprüfung machen.
(2) Wettbewerb um Studenten käme auch unter den gegebenen Bedingungen dann in Gang, wenn die Hochschulen sich mindestens teilweise über die Nachfrage finanzieren müßten. Das bedeutet keineswegs, daß zwangsläufig die Finanzierungslast von der Allgemeinheit auf die Studenten überwälzt werden müßte. So könnte z.B. der Staat Gutscheine an die Studienberechtigten ausgeben, mit denen diese dann die Gebühren bezahlen könnten. Nach diesem Muster wird in Großbritannien verfahren, wo die Gemeinden die Kosten für die Gebühren tragen.
Nach entsprechenden Möglichkeiten in der Bundesrepublik Deutschland zu fragen, ist nichts Neues; die Frage wird seit Jahren diskutiert34/1. Der Wissenschaftsrat hält es jedoch nicht für zweckmäßig, mit einem Programm zur Belebung des Wettbewerbs an diesem Punkt anzusetzen.
(3) Ganz unabhängig von dem materiellen Interesse, das wirksam wird, wenn Hochschulen sich mindestens teilweise über Gebühren finanzieren, gibt es ein genuines Interesse der Hochschulen und der Hochschullehrer daran, gute Studenten zu gewinnen. Wettbewerbsimpulse gehen derzeit von ihm aber kaum aus. Es ist von großer Bedeutung, an diesem Punkt einen Prozeß des Wandels in Gang zu setzen.
Häufig wird die Auffassung vertreten, dieser Wandel setze voraus, daß die Hochschulen das Recht erhielten, ihre Studenten selbst auszuwählen. Dabei wird leicht übersehen, daß auch dort, wo die Studenten – wie es deutscher Hochschultradition entspricht – die Universität frei wählen können, Wettbewerb um gute Studenten nicht unmöglich ist. Daß der Wettbewerb um gute Studenten faktisch eng mit dem Auswahlrecht der Hochschulen verbunden ist, läßt sich gleichwohl nicht bestreiten.
Trotzdem kann gegenwärtig nicht empfohlen werden, ein solches allgemeines Auswahlrecht den Hochschulen zu übertragen. Ein wesentliches Hindernis liegt darin, daß die Hochschulen derzeit durch die Aufgabe der Auswahl in vielen Bereichen überfordert wären. Erst bei spürbarem Rückgang der Studentenzahlen ist mit größerer Aufgeschlossenheit für dieses Thema zu rechnen. Es wäre daher nicht sinnvoll, eine solche Reform zu forcieren. Die Zulassung in eigener Regie durchzuführen, setzt voraus, daß die Hochschulen sich dieser neuen Aufgabe mit ganzer Aufmerksamkeit widmen können.
Was Numerus clausus-Fächer betrifft, so gilt darüber hinaus, daß ein System der Zulassung durch die Hochschulen einerseits große rechtliche Schwierigkeiten mit sich bringen würde, andererseits Wettbewerbseffekte sich schwerlich einstellen wurden. Eher läßt sich bei den Fächern des Ortsverteilungsverfahrens durch die ZVS daran denken, den Hochschulen, die einen Überhang an Bewerbern zu verzeichnen haben, ein Auswahlrecht einzuräumen. Wenn die Gesamtkapazität erhalten bleibt, alle Bewerber also einen Studienplatz erhalten, stehen dem grundsätzliche rechtliche Bedenken nicht entgegen. Aber es bleibt der Einwand, daß der Wettbewerbseffekt vermutlich gering und der Zugewinn an Qualität, den die Fachbereiche bei beträchtlichem eigenen Einsatz für ihre Studentenschaft erwarten könnten, bescheiden wäre. Darüber hinaus würde dieses Verfahren auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stoßen.
Ein sinnvoller Versuch kann am besten dort gemacht werden, wo es einen örtlichen Numerus clausus gibt. Fachbereichen mit örtlichem Numerus clausus sollte die Möglichkeit eröffnet werden, im Rahmen ihrer Kapazität alle oder einen Teil der Studenten selbst zuzulassen. Die Fachbereiche sollten selbst darüber entscheiden, ob sie das Recht der qualitätsorientierten Auswahl ihrer Studienanfänger erwerben und die damit verbundene zusätzliche Belastung auf sich nehmen wollen. Wenn auch nur einige Fachbereiche dieses Recht in Anspruch nehmen, würde eine Entwicklung in Gang gebracht: Anspruchsvolle, d.h. qualifizierte Studienanfänger werden motiviert, sich vermehrt bei solchen Fachbereichen zu bewerben. Das wiederum hat zur Folge, daß andere Fachbereiche sich darum bemühen, so attraktiv zu werden, daß sie in den Kreis der Fachbereiche mit Bewerberüberhang aufrücken: Wettbewerb hat begonnen. Es können Erfahrungen mit verschiedenen Methoden der Auswahl gewonnen werden, die für eine spätere umfassendere Reform des Zulassungswesens nützlich sind. Notentransparenz (vgl. S. 26) ist eine der wichtigen Randbedingungen, um diesen Wettbewerb in den richtigen Bahnen zu halten.
Was über die Schwierigkeiten, die einem Wettbewerb um gute Studenten auf der Ebene der Studienanfänger gegenwärtig entgegenstehen, gesagt wurde, gilt für die späteren Studienabschnitte nicht oder nicht in der gleichen Weise. Schon für den Abschnitt nach dem Vordiplom/Zwischenexamen können Fachbereiche in einen Wettbewerb um gute Studenten dadurch eintreten, daß sie sich darum bemühen, für gute Studenten möglichst attraktiv zu sein. Attraktiv ist, wer guten Studenten fachlich etwas zu bieten hat. Zweifellos ist die geringere Mobilität der Studenten ein Hindernis. Sie kann durch Transparenz und gezielte Werbung erhöht werden. Günstiger noch sind die Voraussetzungen für den Abschnitt nach dem berufsqualifizierenden Examen. An diesem Punkt berühren sich die Überlegungen zum Wettbewerb um gute Studenten mit Überlegungen zur Einrichtung postgradualer Studien.
(4) Die Erörterung der Möglichkeiten eines Wettbewerbs um Studenten führt zu vier Schlußfolgerungen:
Für einen allgemeinen Wettbewerb um Studenten müssen im Blick auf die 90er Jahre Voraussetzungen erst noch geschaffen werden. Dabei geht es vor allem um Transparenz und um die Ausbildung individueller Profile im Studienangebot.
Erste Versuche mit dem Recht der Hochschulen, die Studenten selbst auszuwählen, sollten dort gemacht werden, wo ein örtlicher Numerus clausus besteht.
Wettbewerb um gute Studenten kann vor allem auf der Graduiertenebene in Gang gebracht werden.
Darüber hinaus gilt, daß die Hochschulen ganz allgemein viel mehr als bisher um gute Studenten werben können und sollen, indem sie etwas für gute Studenten tun. Die Förderung besonders befähigter und motivierter Studenten durch die Hochschulen ist ein Instrument des Wettbewerbs um besonders befähigte Studenten zwischen den Hochschulen.
(5) In einem wettbewerbsorientierten Hochschulsystem spielt auch der Wettbewerb zwischen den Studenten eine wichtige Rolle. Es ist unübersehbar, daß es nicht nur äußere Hindernisse sind, die dem Wettbewerb zwischen den Studenten entgegenstehen, etwa die Überfüllung der Hochschulen, sondern auch Barrieren, die sich aus bestimmten Einstellungen und Gewohnheiten ergeben. Solche Barrieren sind durch vereinzelte Maßnahmen schwerlich zu überwinden. Gleichwohl soll hier wenigstens auf drei Möglichkeiten hingewiesen werden, Anstöße zu einem leistungsstimulierenden Wettbewerb auch zwischen Studenten zu geben.
Grundlegende Bedeutung für den Wettbewerb der Studenten hat die Notengebung. Eine differenzierende Beurteilung von Leistungen sollte an allen Hochschulen wieder zur Selbstverständlichkeit werden. Die bereits an anderer Stelle empfohlene Veröffentlichung von Notenspiegeln für die Abschlußexamina (vgl. S.26) könnte diesem Appell den nötigen Nachdruck verleihen.
Fakultäten/Fachbereiche, für die dieser Vorschlag der Natur der Sache nach in Betracht kommt, sollten erwägen, "Zusatzveranstaltungen" in Gestalt von Seminaren einzurichten, die im Auftrag der Fakultät/des Fachbereichs von einem ihrer Mitglieder für Studenten, die sich besonders dafür qualifiziert haben, abgehalten werden – etwa in der Art der "honor seminars" in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Teilnahme an solchen Seminaren könnte auf den Abschlußzeugnissen vermerkt werden. Als eine ständige Einrichtung einer Fakultät/eines Fachbereichs könnten solche Seminare dazu beitragen, daß ein Bewußtsein von der gemeinsamen Verpflichtung der Lehrenden und Lernenden, ihr Bestes zu geben, entsteht.
Graduiertenstipendien sollten nicht in Quoten auf die Hochschulen verteilt, sondern in einem Verfahren ausgeschrieben und vergeben werden, das überregionalen Wettbewerb sichert. Die Stipendiaten sollten frei sein, mit ihren Stipendien an die Hochschule ihrer Wahl zu gehen. Ein solches Verfahren würde sowohl zu einer Art von Wettbewerb zwischen den graduierten Studenten bei der Bewerbung um ein Stipendium führen als auch dem erwünschten Wettbewerb der Hochschulen um qualifizierte graduierte Studenten Impulse geben. Eine Verteilung nach Quoten auf die Hochschulen, die dann ihrerseits die Stipendien im eigenen Hause verteilen würden, hätte hingegen keinerlei leistungsstimulierenden Effekt.
10/1 Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Förderung besonders Befähigter, Mai 1981, in: Wissenschaftsrat: Empfehlungen und Stellungnahmen 1981, Köln 1982, S.73.
12/1 Beschluß der Konferenz der Kultusminister der Länder vom 29./30.9.1983 sowie 2. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 28.3.1985 (Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 18, 30.3.1985)
13/1 Bericht der Expertenkommission zur Untersuchung der Auswirkungen des Hochschulrahmengesetzes (HRG), 1984, S. 31 (Der Bundesminister für Bildung & Wissenschaft, Grundlagen und Perspektiven für Bildung und Wissenschaft 1).
13/2 Bericht der Expertenkommission zur Untersuchung des Hochschulrahmengesetzes (HRG), 1984, S. 27.
15/1 Vgl. hierzu die Ausführungen in den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Forschung in der Psychologie, Köln 1983, S. 27.
17/1 Vgl. Wissenschaftsrat: Stellungnahme zur Entwicklung des Programms der Sonderforschungsbereiche vom 25.1.1985, Drs. 6774/85, S.16 f.
19/1 Wissenschaftsrat: Zur Forschung mit Mitteln Dritter an den Hochschulen, 1982, S. 46.
20/1 Abschlußbericht des Arbeitskreises der Kanzler und Leitenden Verwaltungsbeamten der deutschen Hochschulen (Kanzlerkonferenz): Mitteleinsatz für Forschung und Lehre in den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland, Hamburg 1984. – Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Forschung und zum Mitteleinsatz in den Hochschulen, 1979, S.51 f.
20/2 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Forschung und zum Mitteleinsatz in den Hochschulen, 1979, S. 22 f.
25/1 In: Empfehlungen und Stellungnahmen des Wissenschaftsrates 1980, Köln 1981, S. 39ff.
25/2 Die amtliche Statistik bemüht sich bereits um die Erfassung der über den Haushalt der Hochschulen abgerechneten Drittmittel. Diese Bestrebungen müssen weitergeführt werden, damit wenigstens für diesen Teil der Drittmittel eine aussagefähige und vergleichbare Statistik aufgebaut wird.
30/1 Abschlußbericht des Arbeitskreises der Kanzler und Leitenden Verwaltungsbeamten der deutschen Hochschulen (Kanzlerkonferenz): Mitteleinsatz für Forschung und Lehre in den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland, Hamburg 1985.
30/2 Vgl. Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Forschung und zum Mitteleinsatz in den Hochschulen, 1979, S. 21ff.
30/3 Die von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung am 24.6.1985 beschlossene Maßnahme "Förderung ausgewählter Forscher und Forschergruppen (Spitzenforschung)" ist ein Beispiel.
31/1 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Forschung und zum Mitteleinsatz in den Hochschulen, 1979, S. 56.
33/1 Vgl. Rüegg, Walter (Hrsg.): Konkurrenz der Kopfarbeiter. Universitäten können besser sein: Ein internationaler Vergleich, Edition Interforum, Zürich / Verlag A. Fromm, Osnabrück 1985, pass.
34/1 Vgl. Schmidt, Henning: Die Finanzierung der Hochschulausbildung. Eine ökonomische Analyse. In: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 104. Jg., Heft 2, 1984, S. 151ff.