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dpa zum HRK-Papier

Künftig 1000 Mark Studiengebühr pro Semester


Bonn (dpa) - Studenten sollen künftig eine Studiengebühr in Höhe von 1 000 Mark pro Semester zahlen, um das Finanzloch der Hochschulen wenigstens teilweise zu stopfen. Das sieht ein neues Finanzkonzept der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) vor, über das die Rektoren und Präsidenten der 240 deutschen Universitäten und Fachhochschulen am Montag in Bonn beraten wollen.

Die Autoren des Konzepts gehen davon aus, daß jeder zweite Student "zahlungspflichtig" wird. Geringer Verdienende sollen von den Gebühren ausgenommen bleiben, weil die Hochschulen auch künftig "die besten, nicht die finanzkräftigsten Studierenden" benötigten. Für Einkommensschwächere müsse der Staat den Betrag übernehmen. Das Papier liegt der dpa vor.

Die Einführung von Studiengebühren wollen die Rektoren an Bedingungen knüpfen. Sie fordern, daß der gesamte Betrag "in voller Höhe" bei den Hochschulen verbleibt. Diese zusätzlichen Einnahmen dürften nicht Anlaß für Kürzungen staatlicher Zuwendungen sein. Um Familien mit Kindern nicht zusätzlich zu belasten, wird eine Neuordnung des Familienlastenausgleichs und des Steuerrechts erwartet. Ohne diese begleitende Maßnahmen - also unter den jetzigen Bedingungen - soll das Studiengebührenmodell abgelehnt werden.

Von Gebühren erwarten die Autoren des Papiers einen positiven Einfluß auf die Hochschulentwicklung, vor allem mehr Wettbewerb. Die Beteiligung der Studenten an den Kosten soll sie zu kürzeren Studienzeiten anhalten. Außerdem seien finanzielle Leistungsanreize für eine gute Lehre der Professoren zu schaffen.

Hintergrund des Vorstoßes bildet die wachsende Finanzmisere der deutschen Hochschulen. Die Rektoren errechneten allein für 1996 ein Defizit von sechs Milliarden Mark. Im Vergleich zu anderen Industrienationen bringe die Bundesrepublik "deutlich weniger für die Hochschulbildung auf als vergleichbare, aber auch ärmere Staaten". 1,5 bis zwei Milliarden Mark Einahmen erwarten die Rektoren künftig aus den direkt zu entrichtenden Studiengebühren. Den gleichen Betrag müsse der Staat zusätzlich aufbringen.

Ohne Kurskorrektur bei der Bildungsfinanzierung könnten die Hochschulen in Deutschland ihrer Qualitätsverantwortung gegenüber Studenten und Gesellschaft nicht mehr gerecht werden, heißt es weiter. Die Folgen für die Qualität der Absolventen und der Forschung seien nicht länger zu leugnen.

Für 1,8 Millionen Studenten (davon 1,5 Millionen in der Regelstudienzeit) stünden im gesamten Bundesgebiet nur ausgebaute 970 000 Studienplätze zur Verfügung. Viele Forschungsgroßgeräte seien veraltet. Es fehle an modernen Rechnern. Das Netzmonopol der Post und die im internationalen Vergleich überhöhten Nutzungspreise behinderten den Anschluß an internationale Datenübertragungsnetze.


Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Hans-Uwe Erichsen, sagte in der "Welt am Sonntag", ohne zusätzliche Milliarden-Hilfen drohe den Hochschulen angesichts der wieder dramatisch steigenden Anfängerzahlen "der Erstickungstod". Der Politik warf Erichsen eine falsche Prioritätensetzung vor.

So könnten plötzlich sieben Milliarden Mark aufgebracht werden, um den Kohlepfennig zu ersetzen, offensichtlich nicht aber, um den Hochschulen zu helfen. Damit werde in die Vergangenheit investiert statt in die Zukunft.

Erneut lehnte Erichsen das BAföG-Zinsmodell von Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) ab. Ausgerechnet die sozial schwächeren Studenten sollten mit Zinsen zur Kasse gebeten werden, um neue Hochschulbauten zu finanzieren.


bay, 15.3.1999, URL www.michael-bayer.de