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Presseschau zum BVG-Urteil


Am 25. Juli 2001 hat das Bundesverwaltungsgericht in Berlin bestätigt, dass die Erhebung von Studiengebühren für Langzeitstudenten in Baden-Württemberg berechtigt ist. Eine kleine Presseschau dazu, zusammengetragen vom Deutschlandfunk.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE begrüßt das Urteil: "Es ist nicht zuviel verlangt, sein Studium in der Regelstudienzeit mit weiteren vier Toleranzsemestern zum Ende zu bringen, zumal die Gebühr in bestimmten Härtefällen erlassen werden kann. Dies gilt etwa bei Auswirkungen einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung, auch in einer wirtschaftlichen Notlage in zeitlich unmittelbarer Nähe zur Abschlußprüfung. Die Studienzeiten in den neuen Ländern sind in allen Fällen kürzer, obwohl die wirtschaftliche Lage dort angespannter ist. Deshalb ist es wenig überzeugend, von einer Benachteiligung der finanziell Schwächeren zu sprechen", urteilt die F.A.Z.


Die BERLINER ZEITUNG überlegt, welche Folgen die Entscheidung für die Universitäten haben könnte: "Würde in diesem Lande noch ernsthaft um den Bestand der Universität als Stätte des selbstbestimmten und umfassenden Lernens gefochten, wäre dies ein besorgniserregendes Urteil. Dies ist aber nicht der Fall. Längst hat die Unterwerfung aller Kultur unters Diktat des ökonomisch Verwertbaren auch die Universitäten ergriffen - nicht zuletzt in den Köpfen der Studenten. Die Angst vor dem Stigma des Bummelstudenten ist stärker als jede gesetzliche Regelung. Die Berliner Richter bestätigen juristisch, was in der herrschenden Weltsicht ohnehin nicht mehr anfechtbar ist", glaubt die BERLINER ZEITUNG.


Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG bemerkt: "Langzeitstudenten sind - so denken viele - Faulpelze und Tunichtgute, die den ganzen Tag in der Sonne sitzen und die akademische Freiheit zum unbeschwerten Müßiggang auf Kosten der Allgemeinheit nutzen. Die Wirklichkeit sieht meistens anders aus: Junge Menschen sind betroffen, die zur Finanzierung ihres Studiums arbeiten müssen, die nebenbei - womöglich als Alleinerziehende - Kinder zu versorgen haben oder bei denen sich aus anderen Gründen die Zeit an der Alma Mater ohne eigenes Verschulden verzögert, weil es bei der Forschungsreihe fürs Examen Probleme gab oder etwa keinen Platz mehr im Anatomie-Kurs", gibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG zu bedenken.


"Und dennoch ist keineswegs jeder Langzeitstudent ein Opfer widriger Verhältnisse", unterstreicht das HAMBURGER ABENDBLATT. "Es gibt Bummelanten, die sich nicht zum Examen aufraffen können und die aus unterschiedlichsten Gründen den Sprung ins Berufsleben scheuen. Solchen Bummelstudenten Beine zu machen, ist nur recht und billig. Und deshalb ist es auch gut, dass das Bundesverwaltungsgericht die Langzeitstudiengebühr, die in Baden-Württemberg erhoben wird, für rechtens erklärt hat."


Genauso sieht es auch die FULDAER ZEITUNG: "In der Tat ist nicht einzusehen, warum der Staat und damit die Gemeinschaft der Steuerzahler Dauerstudenten endlos das Studium finanzieren soll. Zwischen 19 und 40 Semester an der Uni - also zwischen neuneinhalb und sage und schreibe 20 Jahre - hatten die Damen und Herren absolviert, die gegen die Gebührenbescheide vor den Kadi zogen. Zu Recht haben die Richter dieser Spezies die Grenzen aufgezeigt: Auf Steuerzahlers Kosten von der alma mater direkt in die Frührente? Dieser Anspruch war einfach des Guten zu viel", hält die FULDAER ZEITUNG fest.


bay, 26.7.2001, URL www.michael-bayer.de