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Die "Bildungspolitische Erklärung" der MinisterpräsidentInnen

Originaltext und Kommentar. Vom Arbeitskreis Hochschulpolitik im AStA der Uni Marburg


Ende Oktober haben die MinisterpräsidentInnen der Länder festgelegt, wie die deutschen Hochschulen künftig aussehen sollen. Die Studis sollen gezwungen werden, nach einer Schmalspur-Ausbildung schnell die Hochschulen zu verlassen. Wer nicht will, fliegt. Die "Bildungspolitische Erklärung" ist für die Öffentlichkeit gedacht und ist daher voller schönfärbenden Formulierungen, unübersichtlichen Verweisen und vagen Andeutungen für InsiderInnen. Die "Erklärung" bezieht sich ausdrücklich auf das Eckwertepapier - eine Vorlage für den Kohl'schen Bildungsgipfel. Damit und anhand weiterer offiziellen Informationen versuchen wir nachfolgend, den Beschluß der MinisterpräsidentInnen zu interpretieren.

Am linken Zeilenrand kennzeichnen wir den Text:

         O = Originaltext der "Erklärung"
         K = Unser Kommentar
         E = Auszug aus dem Eckwertepapier

O  Bildungspolitische Erklärung
O  Zur Vorbereitung des in Aussicht genommenen Spitzenge-
O  sprächs mit dem Bundeskanzler beschliessen die Regie-
O  rungschefs der Länder die als Anlage beigefügte Bildungs-
O  politische Erklärung.

K  Das Wort Erklärung ist falsch. Es handelt sich um
K  einen Beschluss aller MinisterpräsidentInnen. Sie
K  wollen, dass die zuständigen Landesparlamente das
K  Papier als Gesetz beschliessen. Es ist davon
K  auszugehen, dass die Mehrheitsfraktionen dem Entwurf
K  zustimmen, wenn es die MinisterpräsidentInnen bereits
K  getan haben.

O  1. Die Regierungschefs der Länder sehen in den Bereichen
O  Bildung und Ausbildung sowie Wissenschaft und Forschung
O  die wesentlichen Ressourcen, die den Standort Deutschland
O  auf seiner föderalen Grundlage kulturell und wirtschaftlich
O  prägen. Sie sind der Auffassung, dass es zur Erhaltung der
O  Leistungsfähigkeit der Hochschulen tiefgreifender
O  Reformen bedarf.

K  Richtig!

O  Bei den Studienangeboten an Universitäten soll zwischen
O  einem theoriebezogenen, berufsqualifizierenden Studium,
O  der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie
O  Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung differen-
O  ziert werden.
O  Das Studium muss insgesamt wieder in angemessener Zeit
O  absolviert werden können.

K  Ein Studium in angemessener Zeit ermöglichen - ja!
K  Aber nicht durch Kürzung der Studieninhalte. Wenn
K  Studis genügend Seminarplätze, Bücher und Labor-
K  plätze bekommen, studieren sie automatisch schneller.
K  Sind die Fachkenntnisse der Studis mit einem berufs-
K  qualifizierenden Abschluss ausreichend? Welche Jobs
K  bekommen sie?
K  Die Ellenbogen-Mentalität der Studierenden wird nach
K  der Reform zunehmen. Kreative Menschen mit sozialen
K  Kompetenzen (etwa Teamarbeit) werden so Mangelware,
K  sind aber für Führungspositionen nötig (Lean Ma-
K  nagement).

O  1.1 Die Regierungschefs stimmen darin überein, dass die
O  Studienstrukturreform unter Berücksichtigung der
O  Vorschläge von Wissenschaftsrat und Hochschulrektoren-
O  konferenz zügig realisiert werden muss.
O  Zur Erreichung der Reformziele halten die Regierungschefs
O  der Länder insbesondere folgende Massnahmen des Eck-
O  wertepapiers der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom
O  05.05.1993 für dringlich:

K  Zügig heisst, es geht jetzt los - und ist schon losgegan-
K  gen: siehe Maximal-Studienzeiten in Mecklenburg-Vorpommern,
K  Nordrhein-Westfalen, geplante Studiengeb hren in Berlin.

O  Die Regelstudienzeiten sollen durch Rechtsatz oder Ver-
O  einbarung verbindlich festgelegt werden. Hinsichtlich der
O  Höchstgrenzen wird auf die Anlage verwiesen.
O  Staat und Hochschulen müssen dafür Sorge tragen, dass
O  das Studium innerhalb der Regelstudienzeit bewältigt
O  werden kann. Dafür ist es erforderlich, den Studien- und
O  Prüfungsstoff auf das Notwendigste zu begrenzen und die
O  Studien- und Prüfungsanforderungen transparent zu
O  machen.

K  Aus der Richtgrösse Regelstudienzeit soll eine
K  rechtsverbindliche Maximal-Studienzeit werden. Die
K  wird die Grundlage für Sanktionen sein.
K  Einschliesslich Praxissemestern sind vorgesehen:
K  sieben Semester für Grund- und HauptschullehrerIn-
K  nen, acht Semester für Fachhochschul-Studiengänge
K  neun Semester für Geistes-, Gesellschafts- und Natur-
K  wissenschaften sowie zehn Semester für Ingenieurwissen
K  schaften, Biologie und Physik.

O  Durch Rechtsatz oder Vereinbarung sollen Obergrenzen für
O  Studienvolumina und Prüfungsleistungen verbindlich
O  festgelegt werden.
O  Die vorstehenden Festlegungen gelten auch für
O  Studiengänge mit Staatsexamen nach Massgabe der
O  berufsspezifischen fachlichen Anforderungen.

K  Das ist die Abschaffung der Hochschulautonomie! Das
K  Landes-Bildungsministerium wird dann Anzahl und An-
K  forderungen von Scheinen und Prüfungen festlegen und
K  indirekt die Inhalte der Lehre vorschreiben. Bürokratie
K  statt fachlicher Kompetenz.

O  Die Regierungschefs der Länder kommen überein, dass
O  die vorstehenden Massnahmen bis zum 31.12.1995
O  umgesetzt werden. Sie bitten KMK und FMK, die
O  Umsetzung auch der weiteren Empfehlungen des
O  Eckwertepapiers zügig in Angriff zu nehmen.

K  Bis, nicht ab! Der grösste Teil der Reform soll "zügig"
K  umgesetzt werden. Laut Eckwertepapier ab 1993 (sic!).

O  1.2. Die Regierungschefs halten Massnahmen zur Verbesse-
O  rung der Lehre für erforderlich. Insbesondere solle[n] zu-
O  künftig Mittelzuweisungen an Hochschulen und Fachberei-
O  che nach erfolgs- und qualitätsorientierten Kriterien und
O  unter Berücksichtigung der Umsetzung der
O  Studienstrukturreform erfolgen.

K  Das Ministerium bestimmt, wer Geld bekommt. Wer
K  nicht spurt, geht leer aus.

O  In Habilitation- und Berufungsverfahren sollen die Lehrlei-
O  stungen künftig stärker gewichtet werden.

K  Wieviel stärker und stärker als was? Bei dieser
K  schwammigen Formulierung ist es nach wie vor mög-
K  lich, dass didaktische Nieten als ProfessorInnen berufen
K  werden.

O  Die Lehrverpflichtung soll vordringlich in den prüfungsre-
O  levanten Studienfächern realisiert werden.

K  Ein schönes Beispiel dafür, wie unangenehme Sachen
K  nett klingen können: Veranstaltungen, die nicht Pflicht-
K  stoff sind, bisherige Freiräume, fliegen raus.

O  Lehraufgaben, die nicht unmittelbar forschungsbezogen
O  sind, sollen verstärkt auf Lehrkräfte für besondere
O  Aufgaben übertragen werden.

K  Lehrkräfte für besondere Aufgaben: Das sind Leute
K  aus der Wirtschaft. Für die wirklich guten sind die
K  Hochschulen unattraktiv; sie bekommen hier zu wenig
K  Geld.

O  Die Studierenden sollen durch verstärkten Einsatz von
O  Tutorien unterstützt werden.

K  Tutorien sind die billigsten Lehrveranstaltungen.

O  Durch Einführung des sogenannten Freiversuchs in allen
O  Ländern sollen sie ermutigt werden, das Studium zügig
O  abzuschliessen.

K  Es geht alleine darum, dass die Leute möglichst schnell
K  die Uni verlassen (dann reicht die Ausstattung besser).
K  Es geht nicht um eine vernünftige Qualifikation. Ausserdem:
K  Sind erst mal ein paar Studis schneller als die
K  Regelstudienzeit, ist das ein prima Vorwand, die Studienzeit
K  weiter zu verküzen ("Es geht ja").

O  1.3 Die Regierungschefs halten weitere Massnahmen für
O  erforderlich, um die Hochschulen in ihrer Eigenverantwort-
O  lichkeit und in ihrer Effizienz zu stärken.

K  Fensterrede: Eigenverantwortlichkeit - aber kein Geld.
K  Was ist effizient?

O  Die Hochschulen sollen sich verstärkt einem Wettbewerb
O  durch Leistungsvergleich stellen. Die Länder werden, gege-
O  benenfalls durch gesetzliche Festlegungen, die Hochschulen
O  veranlassen, hierzu jährlich Lehrberichte vorzuschlagen.
O  Die Leistungsstrukturen der Hochschulen sollen den Erfor-
O  dernissen eines modernen und anspruchsvollen Dienstlei-
O  stungsunternehmen angepasst, die Fakultäts-/Fachbereichs-
O  Ebene soll gestärkt werden.

K  Ranking der Hochschulen erzeugt zu einen künstlichen
K  Massenansturm an einigen Hochschulen. AbsolventIn-
K  nen anderer Hochschulen werden weniger gefragt sein.
K  Mittel soll es vor allem für die Spitzenreiterinnen
K  geben. So werden gut bewertete Hochschulen immer
K  besser, schlecht bewertete schlechter.
K  Methodenprobleme: Hochschulen sind so verschieden,
K  dass sie nicht verglichen werden können.

O  Der Autonomiebereich der Hochschulen soll erweitert wer-
O  den. Insbesondere bei der Bewirtschaftung von Haushalts-
O  mitteln soll den Hochschulen mehr Selbständigkeit und
O  Flexibilität eingeräumt werden.

K  Die Hochschulen bekommen kaum und immer weniger
K  Geld - wie sie damit zurechtkommen, können sie selbst
K  sehen. Das wird zu einem ungeahnten Verteilungskampf
K  zwischen den Fachbereichen führen.

O  1.4. Nach Schaffung angemessener Studienbedingungen
O  nehmen die Länder in Aussicht, an die Nichteinhaltung
O  von Regelstudienzeiten auch Sanktionen zu knüpfen,
O  soweit dies nicht schon landesgesetzlich vorgesehen ist. Die
O  im Eckwertepapier hierzu vorgeschlagenen Massnahmen
O  bilden eine geeignete Entscheidungsgrundlage.

K  Salami-Taktik: Die Sanktionen kommen im zweiten
K  Schritt. Wann die Bedingungen erfüllt sind, entscheiden nicht
K  die Studierenden, sondern die Ministerial-Bürokratie.

E EXKURS: Aus dem Eckwertepapier
E  A.I.1.3 Festlegung strukturell-quantitativer Eckwerte
E  (Regelstudienzeit, Semesterwochenstundenvolumina, Prü-
E  fungsvor- und Prüfungsleistungen, Festlegung verbindlicher
E  Prüfungszeitpunkte für Zwischen- und Abschlussprüfungen,
E  Prüfungsdauer) mit dem Ziel, das Studium bis zum berufsquali-
E  fizierenden Abschluss inhaltlich zu entfrachten und in der
E  jeweiligen Regelstudienzeit studierbar zu machen; Senkung des
E  Semesterwochenstundenvolumens durch Festlegung von Obergrenzen.
E  Zeitrahmen: 1993 bis 1995

E  1.4 Einschränkung der Möglichkeit zu wiederholtem Studien-
E  fachwechsel. Der Bund spricht sich, vor allem aus
E  verfassungsrechtlichen Gründen, gegen eine Einschränkung der
E  Zulässigkeit eines wiederholten Fachrichtungswechsels und
E  damit gegen eine Regelung im Hochschulrahmengesetz aus. Er regt
E  stattdessen die Erhebung von Studiengebühren ab einem
E  bestimmten Hochschulsemester an. er weist insofern auf die
E  Anregung des Wissenschaftsrats hin, auch für das Zweistudium
E  eine Erhebung von Studiengebühren zu prüfen.

K  Also: Wer Fach oder Abschluss wechselt, zahlt nicht erst bei
K  Überschreitung von Studienzeiten Gebühren, sondern das
K  gesamte Studium über.

E  I.2.2.4 Wenn die Voraussetzungen durch Umsetzung der Studien-
E  strukturenreform und Schaffung angemessener Studienbedingungen
E  dafür gegeben sind, dass das Studium innerhalb der Regel
E  studienzeit studiert werden kann, muss auch von den
E  Studierenden erwartet werden, dass sie sich an den Vorgaben
E  für ein zügiges Studium orientieren. Die persönlichen
E  Lebensumstände des einzelnen (wie z. B. Behinderung,
E  Geburt/Erziehung eines Kindes, Krankheit) müssen hinsichtlich
E  der Einhaltung der Regelstudienzeit Berücksichtigung finden.
E  Um darauf hinzuwirken, dass die Regelstudienzeiten eingehalten
E  werden, kommen folgende E  Massnahmen in Betracht:
E  - Festlegung verbindlicher Prüfungszeitpunkte für Zwischen-
E  und Abschlussprüfungen,
E  - Regelung, die vorsieht, dass Studierende, die sich nach vier
E  Semestern aus von ihren nicht zu vertretenden Gründen
E  nicht zur Zwischenprüfung und nach Ablauf der Regelstudienzeit
E  nicht zur Diplomprüfung gemeldet haben, als
E  geprüft und zum ersten Mal durchgefallen gelten; dies muss
E  für Wiederholungsprüfungen entsprechend gelten.
E  - Studiengebühren bei wesentlicher Überschreitung der
E  Regelstudienzeit (+ 2 Semester); bei weiterer
E  Ueberschreitung der Regelstudienzeit (+ weitere 2 Semester)
E  Exmatrikulation mit Prüfungsanspruch.
E  Zeitrahmen: 1993 bis 1995.

K  Es ist völlig offen, wer nach welchen Kriterien "Lebens-
K  umstände des einzelnen" berücksichtigt. Nicht erwähnt im
K  Katalog sind Studis, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen
K  müssen oder die sich sozial und politisch engagieren.
K  Wer nicht als Ausnahme gilt, fliegt nach einem Semester über
K  der Regelstudienzeit von der Uni; die Ausnahmefälle dürfen
K  maximal vier Semester bleiben, müssen aber Studiengebühren
K  zahlen.

E  I.2.2.5 Berücksichtigung des Studienerfolgs (Studienzeit,
E  Mindestnote) bis zum berufsqualifizierenden Abschluss bei
E  der Zulassung zur Promotion bzw. zum Graduiertenkolleg sowie
E  bei der Gewährung von Promotionsstipendien.

E  I.2.2.6 Berücksichtigung der Studienzeiten bei Einstellung von
E  Bewerbern im öffentlichen Dienst, in der Wirtschaft.

E  II.2. Ab 2000 sollte der Ausbau der Fachhochschulen auf einen
E  Anteil von 40% der Studienanfänger angestrebt werden. In
E  dieser Ausbauphase Erweiterung des Fächerspektrums durch
E  Erschliessung neür Ausbildungsfelder auch in Konkurrenz zum
E  universitären Bereich und unter Berücksichtigung der Berufs-
E  akademien und Verwaltungsfachschulen; überführung von dafür
E  geeigneten universitären Studiengängen in den Fachhochschul-
E  bereich (In der Diskussion sind Gebiete aus der Rechtswissen-
E  schaft, Sprachen in Kombination mit Landeskunde und Wirtschaft,
E  angewandte Naturwissenschaften sowie die Ausbildung einiger
E  Lehrergruppen.). Im  Zuge des weiteren Ausbaus sind auch
E  Umwidmungen von Gebäuden, Stellen und Mitteln aus dem
E  Universitätsberich in die Fachhochschulen in Betracht zu
E  ziehen.
E  Zeitrahmen: kurz- und mittelfristig

E  III. Qualitativer Ausbau der Universitäten in den alten
E  Ländern
E  - Behebung personeller Engpässe zur Vermeidung von Zulassungs-
E  beschränkungen in Fächern, in denen die Zahl der Bewerber die
E  der vorhandenen Studienplätze übersteigt und der absehbaren
E  Arbeitsmarktentwicklung entspricht.
K  Personelle Engpässe gibt es in allen Fachbereichen. Geld
K  bekommen künftig nur noch die, deren AbsolventInnen die
K  Wirtschaft sucht. Die Sozial- und Geisteswissenschaften
K  dürften so völlig vernachlässigt werden.)

E  V.3. Mehr Autonomie und Eigenverantwortung
E  - Stärkung der Stellung der Dekane im Hinblick auf die
E  Organisation des Studiums, den Einsatz der Hochschullehrer in
E  der Lehre (insbesondere Erfüllung der Lehrdeputate) und die
E  Verteilung zusätzlicher Miittel.

K  Die paritätischen Uni-Gremien bekommen ihre Kompetenzen
K  zugunsten des Dekans entzogen. Druck von oben statt
K  Mitbestimmung.


(Weiter aus der "Bildungspolitischen Erklärung":)

O  2. Neben der Reform von Studium und Hochschulstrukturen
O  muss das Hochschul-System weiter ausgebaut werden, um
O  Studiennachfrage, Qualifikationsbedarf und verfügbare Stu-
O  dienplätze stärker einander anzunähern. Der Ausbau soll
O  - neben einer Konsolidierung des Universitätsbereichs -
O  schwerpunktmässig bei den Fachhochschulen erfolgen.
O  Vorrangig müssen die zum 19. Rahmenplan beschlossenen
O  50.000 zusätzlichen Studienplätze in den alten
O  Bundesländern sowie 52.000 Studienplätze in den neuen
O  Bundesländern geschaffen werden. Voraussetzung hierfür
O  ist, dass der Bundesanteil an der HBFG-Finanzierung in
O  einem ersten Schritt ab 1994 auf 2 Mrd. DM heraufgesetzt
O  wird.
O  Neben dem Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und
O  der Fachhochschulen sehen die Regierungschefs der Länder
O  im Ausbau von Einrichtungen Berufsakademien und Höhe-
O  ren Berufsfachschulen eine interessante Ergänzung.

K  Das heisst: Für die West-Unis soll es kein Geld geben,
K  für die Ost-Unis ein bisschen, für die Fachhochschulen
K  ein bisschen mehr. Das Problem ist nur: Der Bund will
K  und wird nicht zahlen. Die Fachhochschulen und Berufsakademien
K  sollen ausgebaut werden, weil sie schon jetzt die wissen-
K  schaftsarme Ausbildung ermöglichen, die an der Uni erst ein-
K  geführt werden soll. Die wissenschaftsarme Ausbildung
K  der Fachhochschulen soll zukünftig wissenschaftsfrei
K  werden.

O  3. Die Regierungschefs der Länder stimmen darin überein,
O  dass der Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung
O  gestärkt werden und zu einer attraktiven Alternative zum
O  Hochschulstudium weiterentwickelt werden muss. Das Sy-
O  stem der beruflichen Bildung muss künftig in stärkerem
O  Masse den unterschiedlichen Interessen und Begabungen
O  junger Menschen gerecht werden. Die Attraktivität der be-
O  ruflichen Bildung in Konkurrenz zum Studium hängt dabei
O  entscheidend von den Karrierechancen der jungen Men-
O  schen und der Durchlässigkeit zu anderen Ausbildungswe-
O  gen ab.
O  Zugleich müssen die Bemühungen intensiviert werden,
O  den Anteil Jugendlicher ohne Ausbildungsabschluss zu
O  verringern.
O  Die Regierungschefs der Länder sehen in der Herstellung
O  der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bil-
O  dung einen richtigen Ansatz.
O  Die Regierungschefs stellen in der öffentlichen Diskussion
O  um die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung ein ho-
O  hes Mass an Uebereinstimmung fest. Sie stehen jedoch, was
O  greifbare und realistische Veränderungen betrifft, erst am
O  Anfang. Viele Vorschläge bedürfen einer
O  Weiterentwicklung und Konkretisierung unter Einbeziehung
O  der Wirtschaft. die Regierungschefs bitten daher die
O  Kultusministerkonferenz, gemeinsam mit der
O  Wirtschaftsministerkonferenz und der
O  Finanzministerkonferenz die im Eckwertepapier vorgelegten
O  Vorschläge auf ihre Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit
O  hin zu überprüfen und weiterzuentwickeln und der Mini-
O  sterpräsidentenkonferenz bis Ende 1994 umsetzungsfähige
O  Vorschläge zu unterbreiten.

K  Die Aufwertung der betrieblichen Ausbildung ist sinn-
K  voll. Folgende Probleme werden hier allerdings nicht
K  beachtet:
K  - Der derzeitige Anteil der Studierenden (etwa 13%
K  eines Altersjahrgangs, nicht 30%, wie PolitikerInnen
K  behaupten) wird dem zukünftigen Bedarf an Akademi-
K  kerInnen entsprechen.
K  - Aufgrund der niedrigeren Qualifikation der zukünfti-
K  gen HochschulabsolventInnen wird der Konkurrenz-
K  kampf zwischen universitär und betrieblich ausgebil-
K  deten Menschen zunehmen.

O  4. Ergebnisse der Forschung und der Umsetzung sind für
O  den Standort Deutschland, die Verbesserung der Lebensver-
O  hältnisse, die langfristige Sicherung der wirtschaftlichen
O  Leistungsfähigkeit und die Erhaltung der Umwelt von ent-
O  scheidender Bedeutung. Das deutsche Forschungssystem hat
O  sich in seiner Grundstruktur bewährt. Augenfällig ist der
O  Rückgang des Forschungsanteils in den öffentlichen Haus-
O  halten wie in der Privatwirtschaft.
O  Die Regierungschefs stimmen darin überein,
O  - dass die Leistungen von Bund und Ländern für die For-
O  schung gesteigert werden müssen,
O  - dass die Bund-Länder-Zusammenarbeit insbesondere mit
O  dem Ziel der Schwerpunktbildung verbessert werden muss,
O  - dass Forschungseinrichtungen und längerfristige For-
O  schungsprojekte regelmässig evaluiert werden müssen.
O  Die Regierungschefs erklären ihre Bereitschaft, im
O  Interesse der Zukunftschancen der Bundesrepublik
O  Deutschland der Forschung hohe Priorität einzuräumen.

K  Wenn sich das deutsche Forschungssystem bewährt
K  hat, sollte es verbessert werden - und nicht zerstört.
K  Die Zerstörung der Forschung wird jedoch Konsequenz
K  der Reformpläne sein. Das von den Ministerpräsiden-
K  tInnen eingeforderte Geld will derzeit niemand bereitstellen.
K  "Nun, solange die einzelnen Naturwissenschaften bloss
K  laufend neue Ergebnisse produzieren, die dann zur effi-
K  zienten Naturausbeutung oder zur Erzeugung und Be-
K  friedigung immer neuer Konsumwünsche zur
K  Verfügung stehen, tragen sie ungewollt zur
K  Verschärfung der Umweltkrise bei."
K  Ernst Ulrich von Weizsäcker, in: FR vom 15.7.93

O  5. Zur Frage der Dauer der Schulzeit bis zum Abitur
O  bekräftigen die Regierungschefs der Länder ihren
O  Beschluss vom 25.03.1993 (Kamin).

K  Wir vermuten, dass bei diesem Kamingespräch die Ver-
K  kürzung der Schulzeit auf zwölf Jahre beschlossen
K  wurde.

Arbeitskreis Hochschulpolitik im AStA der Uni Marburg
Carmen Wöhler, Sönke Schippmann, Michael Bayer
bay, 15.3.1999, URL www.michael-bayer.de