[ HoPo-WWW, Textarchiv, Eckwertepapier ]

Eckwertepapier der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des vorgesehenen bildungspolitischen Spitzengesprächs 1993

C. Maßnahmen im Bereich der Forschungspolitik



Ergebnisse der Forschung und deren Umsetzung sind für den Standort Deutschland, die Verbesserung der Lebensverhältnisse, die langfristige Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die Erhaltung der Umwelt von entscheidender Bedeutung.

Das deutsche Forschungssystem hat sich in seiner Grundstruktur bewährt. Es bedarf gemeinsamer Anstrengung, um Hochschulforschung, außeruniversitäre Forschung und die Forschung in der Industrie auf die Anforderungen der Zukunft auszurichten. Dies erfordert forschungsfreundliche Rahmenbedingungen. Der Bund, die Länder und die Wirtschaft müssen bei der Aufteilung ihrer finanziellen Ressourcen den Forschungsausgaben den ihrer Bedeutung für den Standort Deutschland entsprechenden Stellenwert einräumen.

Bund und Länder werden ihre forschungspolitische Zusammenarbeit intensivieren.


I. Rahmenbedingungen

  1. Finanzielle Rahmenbedingungen

    1. Die Forschungshaushalte des Bundes und der Länder benötigen einen Zuwachs, der nach forschungspolitischen Entscheidungen über Prioritäten im Rahmen der folgenden Maßnahmen einzusetzen ist. Der Aufbau in den neuen Ländern ist dabei besonders zu berücksichtigen {Fußnote: Für die Maßnahmen I. 1.2 und III. 1. sind gesonderte Kosten ausgewiesen.}.

    2. Für den 5*5 %-Beschluß der Regierungschefs vom 21.12.1989 betreffend die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist nach Auffassung des Bundes und der Fachressorts der Länder eine geeignete Folgeregelung anzustreben.
      Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Beschluß in der Bund-Länder-Kommission (BLK), Bereitstellung von Haushaltsmitteln. Zeitrahmen: ab 1996.

    3. Eine entsprechende Regelung ist nach Auffassung der Fachressorts der Länder und des Bundes für die Forschungsgrundausstattung der Hochschulen anzustreben (vgl. A. III.)
      Zuständig: Länder. Art der Maßnahme: Haushaltsaufstellung. Zeitrahmen: ab 1994.

  2. Innovation

    1. Die Rahmenbedingungen für den Technologietransfer sind mit dem Ziel zu verbessern, den personellen Austausch zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu erleichtern.
      Zuständig: Bund, Länder, Wirtschaft, Forschungseinrichtungen. Art der Maßnahme: Überprüfung der geltenden Vorschriften. Zeitrahmen: Kurzfristig.

    2. Der Bund wird seine Projektförderung, die auf Schwerpunkte von gesamtstaatlicher Bedeutung gerichtet ist, in der Gesundheitsforschung, der Umweltforschung und der Verkehrsforschung ausbauen. Er wird die Entwicklung strategischer Technologien des 21. Jahrhunderts verstärken. Dadurch sind grundlegende Innovationen in der Biotechnologie, der Informationstechnik, den physikalischen Technologien, bei den neuen Werkstoffen, der Energietechnik und in anderen Bereichen zu erwarten, die zugleich Ressourcen und Umwelt schonen. Der Bund wird dabei seine Zusammenarbeit mit den Ländern weiterführen.
      Zuständig: Bund. Art der Maßnahme: Haushaltsaufstellung. Zeitrahmen: Kurz- und mittelfristig.

    3. Innovationskollegs für neue und mehrere Wissenschaftsbereiche übergreifende Arbeitsgebiete können vor allem in den Hochschulen der neuen Länder geeignete Ansatzpunkte sein, um den Aufbau neuer Strukturen zu unterstützen. Unter Einbeziehung vorhandener Kapazitäten sollen zusätzliches Personal und Mittel durch eine befristete Anschubfinanzierung in Absprache mit den Ländern bereitgestellt werden.
      Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Konzeptentwicklung durch DFG und Bund, Beschluß in der BLK. Zeitrahmen: Kurzfristig, Förderung jeweils sechs bis acht Jahre.

  3. Rechtliche und administrative Rahmenbedingungen

    1. Im internationalen Vergleich forschungsbeeinträchtigende Wirkungen von Regelungen wie z. B. des Gentechnikgesetzes und von Arbeitszeit- und -schutzvorschriften sowie der Praxis bei ihrem Vollzug sind zu analysieren und ggf. abzubauen oder vorausschauend zu vermeiden, soweit sie zum Schutz anderer Rechtsgüter nicht zwingend erforderlich sind.
      Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Rechtsvorschriften und ihres Vollzugs. Zeitrahmen: Kurz- bis mittelfristig.

    2. Es ist zu prüfen, [ob und ggf.] wie die Steuerfreiheit der Drittmittelforschung an Hochschulen und der staatlichen Forschungsförderung sowie die Gemeinnützigkeit überwiegend staatlich finanzierter Forschungseinrichtungen zu sichern sind.
      Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Beschleunigter Abschluß der laufenden Prüfung, ggf. Änderung steuerrechtlicher Vorschriften. Zeitrahmen: Kurzfristig.

  4. Evaluation

    Eine institutionenübergreifende Begutachtung der wichtigsten Forschungsfelder durch den Wissenschaftsrat ist notwendig, um die Strukturen auf die künftigen Schwerpunkte auszurichten und um die knappen Ressourcen auf die jeweils geeignetsten Forschungseinrichtungen zu konzentrieren. Ggf. sind Forschungseinrichtungen oder Teile von ihnen zu schließen.
    Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Einbringung in das Arbeitsprogramm des Wissenschaftsrats. Zeitrahmen: ab 1994.


II. Hochschulforschung

Die im Teil A. vorgesehenen Maßnahmen sind auch dazu bestimmt, die personelle und finanzielle Grundausstattung der Hochschulen für die Forschung deutlich zu verbessern und ihre Effizienz zu steigern. Dies ermöglicht es dem Bund, seine Drittmittelforschung in den Hochschulen zu stärken.
  1. Die Ausstattung der Hochschulen für die Forschung ist in angemessenen Abständen nach der Qualität der Forschungsleistungen und im Wettbewerb neu zu bemessen, um Spitzenforschung und die Erschließung innovativer Forschungsfelder zu stärken.
    Zuständig: Länder, Hochschulen. Art der Maßnahme: Haushaltsvollzug. Zeitrahmen: Daueraufgabe.

  2. Die vom Bund auch künftig initiativ und in Absprache mit den Ländern zu fördernden neuen Forschungsrichtungen in den Hochschulen sollen nach Ablauf der Anschubphase bei entsprechender Eignung in die Grundfinanzierung übernommen werden.
    Zuständig: Länder, Hochschulen. Art der Maßnahme: Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel in der Grundausstattung. Zeitrahmen: Mittelfristig.

  3. Die Statistiken der Hochschulen und die Kostenrechnung ihrer Kliniken sind mit dem Ziel zu verbessern, die für die Forschung bestimmten Mittel gesondert auszuweisen, damit sie wirksamer eingesetzt werden können.
    Zuständig: Länder, Hochschulen. Art der Maßnahme: Erlaß entsprechender Vorschriften, Durchführung von Projekten der Kostenrechnung. Zeitrahmen: Mittelfristig.


III. Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

Das auf Artikel 91 b des Grundgesetzes beruhende System der gemeinsamen Forschungsförderung durch Bund und Länder ist Grundlage für die inzwischen entstehende einheitliche deutsche Forschungslandschaft. Bei seiner Fortentwicklung sind auch Gesichtspunkte regionaler Ausgewogenheit und der Regionalpolitik zu berücksichtigen, insbesondere bei Neugründungen.
  1. Die notwendige Konzentrierung und Neuorientierung der Aufgaben der 16 Großforschungseinrichtungen ist nach forschungsspezifischen Prioritäten zügig umzusetzen.
    Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Evaluation, Verwaltungsvollzug. Zeitrahmen: Kurzfristig.

  2. Überprüfung der Blauen Liste

    1. Struktur und Umfang der Blauen Liste sind zu überprüfen, um einen wirksamen Einsatz der Forschungsmittel zu gewährleisten.
      Zuständig: Bund, Länder, Wissenschaftsrat, BLK. Art der Maßnahme: Evaluation, Umsetzung. Zeitrahmen: Kurzfristig.

    2. Die rund 80 Einrichtungen der Blauen Liste sind auch einzeln in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.
      Zuständig: Bund, Länder, Wissenschaftsrat, BLK. Art der Maßnahme: Evaluation, Umsetzung. Zeitrahmen: Daueraufgabe.

  3. Der Aufbau in den neuen Ländern ist durch die Errichtung von Instituten der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Grundlagenforschung (MPG) und der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung (FhG) fortzuführen. Der Investitionsbedarf dieser Institute und der bereits gegründeten außeruniversitären Forschungseinrichtungen erfordert zusätzliche Maßnahmen. Es ist auch dafür Sorge zu tragen, daß die neuen Länder nicht auf Dauer Nettozahler im Rahmen der gemeinsamen Forschungsförderung werden.
    Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Beschlußfassung in den zuständigen Gremien der BLK; Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel. Zeitrahmen: Kurz- bis mittelfristig.


IV. Internationale Zusammenarbeit

Internationales Zusammenwirken hat die Forschung seit jeher geprägt. Die enge wissenschaftlich-technische Kooperation im zusammenwachsenden Europa und weltweit ist Voraussetzung für einen hohen Leistungsstand in Deutschland. Die künftige Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union bedarf besonderer Regelungen.
  1. Bei den Verhandlungen über das Rahmenprogramm Forschung der EG ist auf eine stärkere Bündelung der Programme und Mittel auf solche forschungsstrategischen Schwerpunktbereiche hinzuwirken, die die Möglichkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten übersteigen. Die europäische Forschungsförderung sollte mehr als bisher von der Wissenschaft gestaltet werden. Sie sollte kontinuierlich evaluiert werden.
    Zuständig: Bund, Länder. Art der Maßnahme: Einwirkung auf EG-Politik. Zeitrahmen: Kurzfristig.

  2. Deutsche Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen einschließlich der Hochschulen müssen die Forschungsprogramme der EG stärker nutzen, um die Zusammenarbeit in der europäischen Forschung zu stärken und ihre Forschungsressourcen zu erweitern.
    Zuständig: Bund, Länder, Forschungseinrichtungen. Art der Maßnahme: Beratungshilfen und Anreize. Zeitrahmen: Daueraufgabe.

Weiter:
D. Dauer der Schulzeit bis zum Abitur | Übersicht
bay, 14.3.1999, URL www.michael-bayer.de