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Hochschulreform: alternative Thesen


Situationsbeschreibung

Lange Studiendauer, weil

Stattdessen!

  1. Beibehaltung des Abiturs nach der 13. Klasse (statt einer Verkürzung auf 12 Jahre), damit die Schule ihren gesellschaftlichen Aufgaben ohne Leistungsdruck nachkommen kann.

  2. Keine Zulassungsbeschränkungen, weil die anstehenden gesellschaftlichen Probleme eine möglichst hohe Bildung aller Menschen erfordern und jeder Mensch ein Recht auf Bildung hat. Ausbildungen und Ausbildungsberufe werden aufgewertet. Solange Zulassungsbeschränkungen noch bestehen, werden Studienmotivation und Praxis-Erfarungen berücksichtigt.

  3. Das Studium dient der Persönlichkeitsentfaltung und der Aneignung von Fähigkeiten und nicht der Anhäufung von an ökonomischen Verwertungsinteressen orientiertem Wissen!

    Das Studium beginnt mit einem freiwilligen und Bafög-geförderten Orientierungssemester und einem anschließendem Studium fundamentale, in denen ein Überblick über verschiedene Studienmöglichkeiten, Berufsaussichten und wissenschaftliche Arbeitsmethoden vermittelt werden.

  4. Eine Teilung des Studiums in ein berufsqualifizierendes und ein wissenschaftliches findet nicht statt. Stattdessen werden Gesamthochschulen gebildet.

  5. Die Unis werden demokratisiert und StudentInnen nehmen gleichberechtigt an allen Entscheidungen teil.

  6. Um eine freie, individuelle Studiengangsgestaltung nach eigenen Interessen zu ermöglichen, wird das Studium im Baukastensystem mit Studieneinheiten organisiert (v. Weizsäcker). Dafür wird eine intensive, qualifizierte Beratung durch selbstgewählte TutorInnen angeboten.

    Die Studienordnungen enthalten Empfehlungen von Veranstaltungen und stellen deren regelmäßiges Angebot sicher. Die Semesterwochenstunden-Zahl für ein Studium wird auf 120 reduziert. Ein Teil davon (60 SWS) kann durch Studiengruppen (AG), Projektgruppen und Tutorien abgedeckt werden.

    Noten werden durch ausformulierte Prüfungsbewertungen ersetzt und Selbstbeurteilungen der Prüfungsleistungen müssen einbezogen werden.

    Die Studienordnungen werden von den DozentInnen und StudentInnen gemeinsam von Pflichtveranstaltungen "entrümpelt".

    Das Veranstaltungsangebot und die Inhalte der Veranstaltungen werden von StudentInnen vorgeschlagen und gemeinsam mit den DozentInnen festgelegt.

    Alle Veranstaltungen sollen gemeinsam intensiv reflektiert werden.

  7. Die Lehrfähigkeit der DozentInnen und ProfessorInnen wird ein entscheidendes Kriterium bei der Einstellung. Frauen werden bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt.

    Um interdisziplinäres arbeiten anzuregen, müssen in jedem Institut ProfessorInnen aus mindestens drei verschiedenen Fachrichtungen tätig sein.


Quellennachweis

Dieser Text ist das Ergebnis einer studentischen Arbeitsgruppe am Institut für Heil- und Sonderpädagogik der Marburger Philipps-Universität, die während des zweiwöchigen Streiks im Dezember 1993 zusammenkam. Der Artikel ist dem "Streik-Reader" des Arbeitskreises Hochschulpolitik (ak hopo) entnommen.
bay, 15.1.2001, URL www.michael-bayer.de