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Resolution der studentischen Vollversammlung vom 6.11.1995


  1. Die Bundesregierung plant, den Zuschußanteil des Bafögs faktisch abzuschaffen. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und das hessische Finanzministerium denken über Studiengebühren nach. Das wird für finanziell Schwache noch mehr als bisher vom Studieren abschrecken; ein allgemeiner Hochschulzugang wird nur noch pro forma möglich; von Chancengleichheit in der Bildung kann keine Rede mehr sein.
  2. Die Landesregierung macht Wirtschafts- statt Bildungspolitik. Wenn Staatssekretär Rolf Praml die geplante Streichung des Studiengangs Zahnmedizin mit den Worten begründet, in Zeiten knapper Kassen könne es sich das Land nicht leisten, mehr Studierende auszubilden, als benötigt würden, zeigt das: Nicht die Bildungs- und Berufswünsche der jungen Generation sind Maßstab der Politik, sondern der Bedarf der Wirtschaft an Arbeitskräften.
  3. Die Kürzungspolitik der Landesregierung zeugt von Kompetenz- und Verantwortungslosigkeit, etwa wenn sie in Gießen und Marburg gleich vier Kliniken schließen und als Zugabe einen Studiengang abschaffen will. In den anderen Fachbereichen ist inzwischen oft nur noch ein Minimal-Betrieb möglich; es fehlen immer mehr Bücher, Personal und Sachmittel.
  4. Künftig sollen Studierende und der wissenschaftliche Nachwuchs an der Hochschule noch weniger Mitspracherechte bekommen. Darauf laufen die Vorschläge der hessischen Hochschulstrukturkommission hinaus, die sich die rot-grüne Koalition in ihrer Regierungsvereinbarung zu eigen macht.
Die Vollversammlung der Studierenden der Philipps-Universität fordert stattdessen:
  1. Chancengleichheit muß wieder Ziel der Ausbildungsförderung werden. Die Förderung muß grundsätzlich als Zuschuß erfolgen und so soziale Ungleichheiten, die die individuelle bildungsentscheidung beeinflußen, ausgleichen. Eine reformierte Ausbildungsförderung muß sich perspektivisch in ein Modell einer bedarfsgerechten sozialen Mindest- oder Grundsicherung einfügen. Bafög-Zinsen und Studiengebühren lehnen wir ab.
  2. Bildung und Ausbildung sind vor allem Mittel individueller und gesellschaftlicher Emanzipation - und nicht primär ökonomischer Standortfaktor. Die Finanzierung der Hochschulen und der Studierenden ist als gesellschaftliche Aufgabe grundsätzlich Verpflichtung des Staates.
  3. Deshalb müssen bund und Länder die Hochschulen angemessen ausstatten. In diesem Zusammenhang fordern wir auch den Erhalt der Kliniken in Gießen und Marburg und des Studiengangs Zahnmedizin in Maburg.
  4. Die Hochschulen müssen demokratischer werden: Alle Menschen, die an Hochschulen lernen, lehren und in anderer Weise tägig sind, müssen gleichberechtig an den Entscheidungen der Selbstverwaltungsgremien beteiligt werden.

bay, 15.3.1999, URL www.michael-bayer.de