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Wissenschaftsrat: 10 Thesen zur Hochschulpolitik

Eine Zusammenfassung


These 1: Ein Abbau der Hochschulen kommt nicht in Frage. "Wirtschaft und Gesellschaft benötigen künftig nicht weniger, sondern mehr qualifiziert ausgebildete junge Menschen." (W.R., 1993, S. 2/S. 25) In diesem Zusammenhang stellt der W.R. fest, daß das Abitur nicht so sehr hervorgehoben werden sollte und mehr Durchlässigkeit für Nicht- AbiturientInnen bestehen sollte.

These 2: Die Hochschulen müssen entsprechend der gestiegenen Nachfrage ausgebaut werden. Dabei werden 1.250.000 Studienplätze als Ziel angegeben, 350.000 sollen umgehend geschaffen werden. Der W.R. empfiehlt dafür einen gezielten Ausbau der FHs und eine ver änderte Struktur und Differenzierung des Angebots der Universitäten, sowie eine Differenzierung der Ausbildungsarten.

These 3: "Bei den Auswahlentscheidungen in zulassungsbeschränkten Studiengängen sollen Leistungskriterien ein stärkeres Gewicht erhalten." (W.R., 1993, S. 3/30) Dabei soll das Abitur nur noch ein notwendiges Kriterium darstellen, die Hauptfächer sollen gestärkt werden, die Hochschulen sollen interne Prüfungen vornehmen, Leistung steht dann vor Wartezeit und Wohnort als Kriterium der Studienplatzvergabe.

These 4: Die FHs sollen ausgebaut werden. Dazu sollen mehr Studiengänge eingerichtet werden, vorgeschlagen werden Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Sprachen, angewandte Naturwissenschaften und nichtärztliche medizinische Berufe. Die Durchlässigkeit von FHs und Unis soll größer werden. Die Regelung der unterschiedlichen Besoldung von BewerberInnen im Öffentlichen Dienst nach FH oder Uni-Abschluß soll geändert werden.

These 5: Das Studienangebot der FHs soll erweitert werden: Teilzeitstudiengänge, fachliche Erweiterung, berufsintegrierende Studiengänge.

These 6: Zweiteilung des Studiums in ein berufsbezogenens grundständiges Studium von 8 bis (in Ausnahmefällen) 10 Semestern und anschließendem forschungsorientierten Graduiertenstudium zur Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Dabei soll nicht allein die Berufsausbildung eine Rolle spielen (hier kommt der gute alte Humbold ins Spiel), weitere Kriterien sollen sein: Interdiszi plinarität, Eigenverantwortlichkeit, Selbstbestimmung, Aus landstudium, Vermeidung von Spezialisierung, Entwicklung von Persönlichkeit und Kreativität. - Die Frage, wie das alles in 8 Semestern umgesetzt werden soll, wird einfach nicht gestellt! Wie das am Ende aussehen wird, können wir uns denken. Die Reformen müssen für jeden Fachbereich eigenständig konzipiert sein und das Studium muß studierbar sein.

These 7: Die Graduiertenkollegs für den wissenschaftlichen Nachwuchs sollen ausgebaut werden. Eine Förderung dieses Ausbaus hängt von Erfolgen der Universität bei der Studienreform ab, von Ergebnissen der Evaluation, der Studiendauer, der Promotionsdauer (max. 3 Jahre). Dabei sollen Promovierende so bezahlt werden, daß sie in Ruhe forschen können.

These 8: Es sollen verstärkt Aufbaustudiengänge, auch als Teilzeitstudiengänge, angeboten werden. Diese sollen bevorzugt der Evaluation unterzogen werden. Die Aufbaustudiengänge sollen kostendeckend bezahlt werden.

These 9: "Aktionsprogramm" (Prüfungen sollen verbessert werden; Studium muß in der Planstudienzeit studierbar sein; Einrichtung von Tutorien; Zwischenprüfung nach 2-4 Semestern; freigesetzte Potentiale sollen zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden; die Förderungshöchstdauer soll der angestrebten Studienzeit entsprechen; der Dekan soll gestärkt werden; überregionale Evaluation, Ranking der Hochschulen) und "Interimsmaßnahmen", also Übergangslösungen (Ausbau der Tutorien durch Graduierte; zusätzliche Lehrbeauftragte; Möglichkeit für emeritierte Profs schaffen, sich weiterhin in der Lehre zu betätigen; Profs, die sich verstärkt in der Lehre engagieren, sollen dafür mehr Geld bekommen; verstärkter Ausbau der FHs; rasche Einführung der verbesserten Prüfungen und v.a. der Zwischenprüfungen; Zulassungsbeschränkungen, die verstärkt in der Autonomie der Hochschulen liegen sollen).

These 10: Aufteilung der Finanzierung der Hochschulen in

  1. Grundausstattung - soll knapp die Funktionsfähigkeit in Lehre und Forschung sichern,
  2. Zusatzausstattung Lehre - soll sich nach der Zahl der Studierenden in der Planstudienzeit, der Zahl der Examina, den Ergebnissen der Evaluation richten,
  3. Zusatzausstattung Forschung - interne Forschungsförderungsfonds, Drittmittel,
  4. Zusatzausstattung für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses - Einrichtung von Graduiertenkollegs, Stipendien.
Hochschulorganisation: Stärkung der Dekane durch Übernahme von mehr Verwaltungsaufgaben und mehr Geld. Im Einzelnen heißt das, der Dekan wird VorsitzendeR des Prüfungsausschusses, erstellt den Lehrbericht, wird DienstvorgesetzteR des Personals, wird zuständig für Studienberatung und vergibt etwa ein Viertel der Mittel des Fachbereichs. Er soll für drei Jahre gewählt werden, Wiederwahl möglich.


Quellennachweis: Arbeitskreis Hochschulpolitik im AStA Uni Marburg