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Einleitung und Gliederung meiner Diplomarbeit

Thema: Wettbewerb als Mittel der Hochschulreform der neunziger Jahre


Einleitung

"Nun also", sprach Peter Graf Kielmansegg, "sollen Adam Smith und Wilhelm von Humboldt gemeinsam in brüderlicher Eintracht die Patrone der deutschen Universität werden." Das - hörten 1984 die versammelten Hochschulrektoren - "ist die jüngste Wendung, die die hochschulpolitische Diskussion landauf, landab genommen hat". Wer da gewendet hat und ob auch eine andere als die eingeschlagene Richtung zum Ziel führt, das ließ der Politikwissenschaftler offen. Kielmansegg blieb in guter Gesellschaft. Auch der Wissenschaftsrat akzeptierte ein Jahr später mit seinen Empfehlungen den Wettbewerb als "Schlüsselwort" und beschränkte sich darauf zu prüfen, "was vom Wettbewerb erwartet werden kann und wie sich Wettbewerb, soweit er wünschenswert ist, in Gang bringen läßt".

Warum ausgerechnet der Wettbewerb die Hochschulen verändern soll, untersuchen die ersten drei Kapitel dieser Arbeit. Anschließend geht es um das Wie. Zeitlich reicht diese Untersuchung bis zur Novelle des Hochschulrahmengesetzes 1998. Mit ihr wurden die meisten der hier diskutierten Aspekte rechtskräftig. Folgende Arbeitsthesen sollen überprüft werden:

Überprüft werden diese Thesen zunächst für die Zeit bis zum Ende der siebziger Jahre in einer chronologischen Darstellung. Für die achtziger und neunziger Jahre, in denen Differenzierung und Wettbewerb forciert wurden, scheint eine strukturelle Darstellung angemessen. Dabei geht es zunächst im zweiten Kapitel um die Frage, wer eine Zweiteilung der Studiengänge an den Universitäten und eine wertende Differenzierung der Hochschulen fordert - und mit welchen Motiven. Grundlage sind Positionspapiere und Stellungnahmen von Wissenschaftsorganisationen, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, Studierenden, Regierungen und Parteien. Das dritte Kapitel analysiert die Rolle des Wettbewerbs in dem Differenzierungskonzept; es lenkt zudem erneut die Aufmerksamkeit auf mögliche Parallelen der Lösungsansätze in Bildungs- und Wirtschaftspolitik.

Nachdem Motive dafür genannt sind, warum der Wettbewerb die Hochschulen steuern soll, widmet sich das vierte Kapitel der Frage, wie die Marktmechanismen auf die Hochschulen übertragen werden sollen. In diesen Zusammenhang werden einzelne Projekte vorgestellt, deren Vor- und Nachteile oft isoliert voneinander - und auch ohne den Kontext "Wettbewerbssteuerung", in dem sie stehen - gesehen werden. Das kann zu falschen Bewertungen führen, nicht zuletzt, weil einige Elemente ihren Ursprung in emanzipatorischen Konzepten haben - etwa die Forderung nach einer Finanzautonomie der Hochschulen, oft diskutiert unter dem Stichwort Globalhaushalt. Vorgestellt werden im einzelnen die Funktionen der leistungsbezogenen Mittelvergabe, Globalhaushalte, Evaluation, Stärkung der Hochschulleitungen auf Kosten der gruppengesteuerten Gremien, Regelungen zum Hochschulzugang und der Studiengebühren. Wie sehr die Forderungen Teile eines Konzepts sind, zeigt, wie bemüht das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) ist, deren Umsetzungen zu koordinieren. Das CHE wurde eingerichtet von der Bertelsmann Stiftung und der Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz, um "in Hochschulen und Gesellschaft Akzeptanz für eine leistungsorientierte und wettbewerbliche Steuerung von Hochschulen zu erzielen".

Am Ende steht ein auf die Arbeitsthesen rückblickendes Fazit und ein kurzer Ausblick, der Voraussetzungen für einer alternative Reform der Hochschulen anspricht.


Gliederung

Einleitung

1. Gesellschaftlich-historischer Hintergrund der aktuellen Politik: die bundesdeutsche Bildungsgeschichte
1.1 Wiederaufbau (1945 bis 1958)
1.2 Hochschulexpansion ohne Reform (1958 bis 1965)
1.3 Differenzierung des Hochschulsystems (1966 bis 1972)
1.4 Zentralisierung und staatliche Lenkung (1973 bis 1982)
1.5 Zwischenbilanz

2. Das bildungspolitische Ziel: die Differenzierung der Hochschulen
2.1 Wissenschaftsnahe Organisationen
2.1.1 Wissenschaftsrat
2.1.2 Hochschulrektorenkonferenz
2.1.3 Deutscher Hochschulverband
2.1.4 Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
2.1.5 Zwischenbilanz
2.2 Wirtschaftsverbände
2.3 Gewerkschaften
2.3.1 Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
2.3.2 Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV)
2.4 Studierende
2.4.1 Zusammenschlüsse von StudentInnenschaften
2.4.2 Juso-Hochschulgruppen (Juso-HSG)
2.4.3 Liberale Hochschulgruppen (LHG)
2.4.4 Ring christlich demokratischer Studenten (RCDS)
2.4.5 Zusammenfassung
2.5 Regierungen und politische Parteien
2.6 Zwischenbilanz

3. Die Funktionen des Wettbewerbs
3.1 Wettbewerb zur Durchsetzung der Differenzierung
3.1.1 Neues Steuerungsmodell: ex post über Ziele
3.1.2 Auswirkungen auf die Hochschulautonomie
3.1.3 Subjekte und Objekte des Wettbewerbs
3.2 Wettbewerb als Sparprogramm
3.3 Wettbewerb als Lebensphilosophie
3.4 Gesamtgesellschaftlicher Rahmen
3.5 Zwischenbilanz

4. Eckpunkte der Realisierung von Wettbewerb und Differenzierung
4.1 Konzeptioneller Zusammenhang der Eckpunkte
4.2 Globalhaushalte
4.3 Leistungsbezogene Mittelvergabe
4.4 Evaluation
4.5 Stärkung der Hochschulleitung
4.6 Hochschulzugang
4.7 Studiengebühren
4.8 Zwischenbilanz

5. Fazit und Ausblick
5.1 Primat der Wirtschaftsinteressen
5.2 Differenzierung als bildungspolitischer Konsens
5.3 Wettbewerb zur indirekten Steuerung der Hochschulen
5.4 Staatlicher Einfluß auf Wirtschaft und Hochschulen
5.5 Ausblick

Literaturverzeichnis

Materialanhang (150 Seiten)


bay, 15.1.2000, www.michael-bayer.de